Viele Nützlinge und Bestäuber noch zu entdecken
Landwirtschaft
Volkszählung bei Wespe, Biene, Ameise
Zwei Wissenschaftler des Museums für Naturkunde in Berlin, Michael Ohl und Volker Lohrmann, haben in einem internationalen Forscherteam erstmals erfasst, wie viele Arten von Hautflüglern (Hymenoptera) auf der Erde überhaupt schon wissenschaftlich beschrieben wurden [1]. Das beeindruckende Resultat der Zählung: 152.677 Arten von Wespen, Bienen und Ameisen sind erfasst und tragen bereits einen wissenschaftlichen Namen. „Aber tausende Arten dieser für den Menschen so wichtigen Bestäuberinsekten warten noch auf ihre Entdeckung – denn nur was wir kennen, können wir auch nachhaltig schützen“, so Michael Ohl.
Wichtige Art: Hautflügler
Hautflügler sind eine der artenreichsten Insektengruppen überhaupt, und viele der Arten spielen in der Natur eine bedeutende Rolle. So sind Bienen die bedeutendsten Bestäuber von Blütenpflanzen, und parasitische Wespen sind wichtige natürliche Widersacher von Pflanzenschädlingen. Die sozialen Wespen und Ameisen kommen in ungeheuren Individuenzahlen vor und beeinflussen unsere Umwelt nachhaltig. Wissenschaftler sind weltweit damit beschäftigt, die Diversität an Hautflüglern zu erfassen, um ihre Rolle im Naturhaushalt und ihren möglichen Nutzen für den Menschen zu erforschen. Michael Ohl und Volker Lohrmann, Hautflüglerforscher des Museums für Naturkunde in Berlin, sind Spezialisten für Grabwespen und andere stechende Wespen. Nach ihrer Auskunft ist die jetzt vorgelegte Zählung erst der Anfang. Experten rechnen damit, dass besonders bei parasitischen Wespen noch mehrere Hunderttausend Arten auf ihre Entdeckung warten. Die Forschungssammlungen des Berliner Naturkundemuseums, in denen das Belegmaterial tausender von Wespenarten hinterlegt ist, spielen dabei als „Datenbanken des Lebens“ eine zentrale Rolle.
Die Feldwespe
Wespen sind nicht gleich Wespen. Zu den so genannten
sozialen Wespen zählt die abgebildete Feldwespe. Wespen ernähren ihre Larven
mit Fleisch und erbeuten täglich bis zu 250 Gramm Insekten. Erbeutete Fliegen
und Stechmücken wiegen lediglich 0,1 Gramm, so dass ein Volk der Feldwespen im
Sommer reichlich störende Insekten erbeutet [2].
Die Gallische Feldwespe Polistes dominulus wird von der
Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt Wein- und Obstbau Weinsberg sogar als „sehr
nützlich“ eingestuft. Auf württembergischen Rebflächen hat sie sich vermutlich
infolge des Temperaturanstiegs in den Monaten April bis Juni während der
letzten 30 Jahre stark ausgebreitet. Sie vertilgt große Mengen an Zikaden und
Traubenwicklerarten und trägt ihren Teil für eine gute Weinlese bei [3].
Arten – Entdecken und Aussterben
Hunderttausende neue Arten, die noch entdeckt werden
wollen passen auf den ersten Blick nicht zum Thema Artensterben, vor dem
Wissenschaftler immer wieder warnen. Dr. Michael Ohl sagt zu Herd-und-Hof.de sogar,
dass noch Millionen von Arten zu entdecken sind. „Allerdings „arbeitet“ das von
menschlichen Veränderungen ausgehende Artensterben, also der Verlust an
Biodiversität, sehr schnell gegen ihre Entdeckung an.“ Derzeit sterben die
Arten schneller aus, als die Wissenschaftler sie entdecken können.
Und das ist der Grund für die Arbeit von Dr. Ohl und
Volker Lohrmann. Die schnelle Erfassung der Arten bereichert die Kenntnis von
der Natur und deren Zusammenhänge. „Diese Kenntnis von der Artenvielfalt hilft,
geeignete Maßnahmen zu ihrem Schutz zu treffen“. Erläuterte Dr. Ohl.
Lesestoff:
www.naturkundemuseum-berlin.de
[1] Aguiar, A. P. et al. Order Hymenoptera. In: Zhang, Z.-Q. (Ed.) Animal Biodiversity: An Outline of Higher-level Classification and Survey of Taxonomic Richness (Addenda 2013). Zootaxa, 3703, 1–82.www.mapress.com/zootaxa/2013/f/zt03703p062.pdf
[2] Robert Ripberger: Schützt die Hornissen, Weitbrecht Verlag 1997
[3] Dr. Walter Kast, LVWO Weinsberg www.lvwo-bw.de
Dr. Gesine Steiner / roRo; Foto: Naturkundemuseum Berlin