Vom Land- zum Wasserwirt
Landwirtschaft
Globaler Klimawandel und regionale Entwicklung
Im März fand der Brandenburger Fachdialog Wasser1) statt, der für Landwirte auf deutliche Veränderungen beim Wasserhaushalt hinwies. Am Montag hat die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften ihr neuestes Buch vorgestellt, das Handlungsperspektiven zu einer nachhaltigen Wasserressourcenverfügbarkeit in der Region aufzeigt. Der Landwirt wird zum Wasserwirt.
Wasser im globalen Bedarf
Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des IASS Potsdam
(Institute for Advanced Sustainibility) benannte zunächst die globalen Treiber
der knappen Wasserverfügbarkeit. Weltweit gesehen wächst die Bevölkerung in
Afrika und auf dem indischen Subkontinent derzeit am stärksten. Dort sind die
Wasserreserven jedoch auch schon heute knapp. Demgegenüber gibt es Weltregionen
wie Nordostdeutschland, die mit Strukturproblemen bei der Wasserversorgung
kämpfen, wenn die Menschen den ländlichen Raum verlassen. Örtlich wäre der
Transport des Abwassers mit dem Taxi die preiswertere Alternative, scherzte
Töpfer.
Weltweit lebt mittlerweile die Hälfte der
Weltbevölkerung in Städten. Im Vergleich verbrauchen die Menschen in Städten
mehr Wasser als auf dem Land, so der ehemalige Umweltminister. Die
Urbanisierung in Afrika, Indien und China stellt die Wasser- und
Abwasserversorger vor große Probleme. Rund die Hälfte des Wassers geht dabei
wieder verloren, es gibt in Afrika keine Wassergebühren für den Unterhalt der
Infrastruktur und keine Wasserzähler für einen effizienten Verbrauch.
Ein weiteres Problem ist die künftige Verzehrstruktur.
Global werden mehr Lebensmittel verzehrt, deren Herstellung energie- und
wasserintensiver ist.
Für die Bewältigung der Herausforderungen werden Flüsse
in Regionen umgeleitet, die wie in China mehr Wasser verbrauchen. Die
Amerikaner sind dabei, Wasser aus den Großen Seen zu verkaufen und in der
Türkei baut eine fast 500 Kilometer lange Wasserpipeline nach Israel.
Die Zukunft braucht geschlossene Wasserkreisläufe, so
Töpfer, was einen hohen Investitionsbedarf nach sich zieht. Wassereffizienz ist
gefragt. Die Landwirtschaft werde ihre Bewässerungssysteme ausbauen müssen und
schon heute werden die großflächigen Beregnungsanlagen durch eine
Tröpfchenbewässerung ersetzt. Die Israelis sind noch einen Schritt weiter
gegangen und haben die Zuleitungsschläuche vor der Sonne geschützt in die Erde
verlegt. Hier kommt das Wasser direkt im Wurzelraum an. Nach Töpfer wird Wasser
von der Pflanze rund ein Viertel effektiver genutzt.
Letztlich wird Wasser dort am besten gebildet und
gespeichert wo die Natur intakt ist, so Töpfer. Reinhard Hüttl vom Deutschen
GeoForschungszentrum ergänzt, dass nicht nur der Klimawandel das Wasser in
Brandenburg verknappt. Die Grundwasserneubildung ist unter Kiefernwäldern
wesentlich geringer als unter Buchenwäldern. Zumal ist Brandenburg ein
exportorientiertes Land und trägt damit auch viel Wasser aus der Region.
Umweltwandel in Brandenburg
Nicht ganz so dramatisch, aber auch einem Wandel
unterliegt Brandenburg. Es gibt zwar mehr als 10.000 Seen und 33.000 Kilometer
Bäche und Wasserkanäle, doch gleichzeitig ist die Mark eine der trockensten
Gebiete in Europa. Daher reagiert der Wasserhaushalt sehr empfindlich auf
Veränderungen, die von den Klimaforschern vorausgesehen werden.
Bei den Temperaturen hat der Klimawandel die
Brandenburger bereits erreicht. Der Klimarat geht von einer Temperaturerhöhung
von 0,08 Grad Celsius je Dekade aus. In Brandenburg liegt diese jedoch bereits
bei 0,10 Grad seit 1850. Zum einen ergibt sich die höhere Veränderung aus der
kontinentalen Lage des Bundeslandes, zum andern ist die Metropole Berlin nicht
unerheblich daran beteiligt. Hohe Bebauungsdichten und Versiegelungsgrade
bilden bieten Wärmeinseln, so das Buch.
Entscheidend für das Land und die Bauern ist das Halten
des Wassers in Landschaft. Dafür müssten Entwässerungssysteme zurückgebaut
werden und Moore sowie Luche wieder vernässt werden. Dabei wird die
Landwirtschaft Fläche verlieren, aber mit neuen Nutzungen wie den
Paludikulturen wie Schilf, Weiden-Erlengebüsche oder Pappeln für die
Biomassegewinnung hinzugewinnen.
Die Studie geht auch von steigenden Wasserpreisen aus.
Landwirte müssen verschiedene Strategien kombinieren, um Wasser zu sparen.
Neben der Verwendung von Regenwasser für Kühlsysteme oder Reinigungen soll
Humus die Wasserspeicherkapazität im Boden erhöhen.
Eine wichtige Rolle spielt die Pflanzenzucht, die
Sorten finden muss, die gegen Trockenheit, aber auch bei einem Überangebot von
Wasser zurechtkommen soll.
Eine weitere Reaktionsmöglichkeit ist die Umgestaltung
der Fruchtfolge. Die Agrarpolitik und neue Märkte können die Fruchtfolge um
Pflanzen ökonomisch erweitern, die Energie und wertvolle Rohstoffe für die
chemische Industrie liefern.
Im Umbau befindet sich auch der Wald. Die Kiefer kommt
zwar mit dem Klimawandel gut zurecht, ist aber anfällig gegenüber Insekten und
hat eine schlechte Bilanz bei der Grundwasserneubildung. Im Umbauprogramm
Brandenburgs werden Eichen und Buchen in die Kieferforsten integriert.
Verteilungspolitik
Landesbauernpräsident Udo Folgart sieht angesichts der
Herausforderungen die Agrarwissenschaften in einer entscheidenden Rolle. Die
Wissenschaftler beklagen allerdings das politische Ungleichgewicht. Eva
Barlösius von der Leibniz-Universität Hannover möchte zwar auch regional und
als Sozialwissenschaftlerin transdisziplinär tätig sein, doch Forschungsgelder
und Anerkennung bringe oftmals nur die internationale Forschung und
Exzellenzausrichtung der Universität. Hier müsse es nach Barlösius eine
Umwidmung der politischen Anerkennung geben.
Das die Sozialwissenschaft bei den Thema integriert
ist, unterstützt Klaus Töpfer: Umweltpolitik ist Verteilungspolitik“, sagte er.
Es gehe darum, wer wann welche Kosten zu tragen habe. Schließlich ist das
Wasserthema auch keine Krise der Wasserverfügbarkeit, so Töpfer, sondern eine
Krise des Wassermanagements.
Lesestoff:
Reinhard f. Hüttl, Rolf Emmermann et al.: Globaler
Wandel und regionale Entwicklung. Anpassungsstrategien in der Region
Berlin-Brandenburg. Springer 2011, ISBN 978-3-642-19477-1
1) Fachdialog Wasser
Im Abo-Bereich Marktplatz finden sie unter
Höhrwurm Mai 2011 ein Interview mit Reza
Ardakanian, Direktor des UNW-DPC zur Herausforderung Wasserversorgung. Anlass
war die Konferenz Water and Climate Change in the MENA-Region.
Roland Krieg