Von der Wunderpflanze zum Investitionsgrab
Landwirtschaft
Leuphana-Studie zu Jatropha
Bis heute gilt Jatropha als Wunderpflanze. Hohe Erträge
auf kargem Boden und die Luftfahrtindustrie hat einen Biosprit gefunden, der
Vielfliegern ein gutes Gewissen verschaffen könnte. Die Bauern waren schon seit
langem skeptisch, dass die ölhaltige Pflanze aus der Familie der
Wolfsmilchgewächse hält was sich manche versprechen. Die Bauernorganisation in
Mozambique UNAC hatte schon vor zwei Jahren Mythen des Jatropha-Anbaus
entzaubert [1].
Jetzt hat die Leuphana-Universität Lüneburg eine Studie
nachgelegt, die fast alle Kritik bestätigt.
Hohe Erwartungen nicht erfüllt
Prof. Dr. Stefan Schaltegger, Leiter des Centre for
Sustainability Management (CSM), hat eine Nachhhaltigkeitsbewertung der
weltweiten Jatropha-Anpflanzungen durchgeführt. 111 Manager in Asien, Afrika
und Lateinamerika wurden befragt: Hauptproblem ist die geringe Ertragsleistung
der Pflanzen, die etwa 200 Millionen Euro Investitionen gefährden. Der Jatropha-Hype
hat zu massiven Investitionen geführt, doch nach wenigen Jahren sind viele
Projekte bereits gescheitert.
Das größte Hindernis für einen ineffizienten Öl-Ertrag
sehen die Forscher im Saatgut. Drei Viertel der Projekte verwendet lokale Saat,
die züchterisch nicht bearbeitet ist. Der Öl-Ertrag als wichtigstes Kennzeichen
für den Projekterfolg wird zum Risikofaktor. Die Plantagen-Manager haben bis
2011 insgesamt 200 Millionen Euro investiert. „Auf Grund der schwierigen
Situation, in der sich viele Jatropha-Projekte befinden, ist der großvolumige
Einsatz von Jatropha-Öl als Rohstoff in naher Zukunft fraglich. Die lokalen
Biodiesel-Raffinerien bleiben der wichtigste Markt für die Mehrzahl der
Jatropha-Produzenten“, fasst Prof. Schalteger seine Studie zusammen.
Beispiel Pflanzenschutz
Auch beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bleiben die
Plantagen hinter den Versprechen zurück. Jatropha brauche wenig Pflanzenschutzmittel,
weil die Pflanze krankheitsresistent sei. Daher sei der Anbau kostengünstig.
Doch schon die Bauern in Mozambique hatten von zahlreichen Viren, Bakterien und
Schädlingen berichtet, gegen die sie vorgehen müssten.
Die Lüneburger Studie zeigt, dass nur zehn Prozent der
Plantagen ohne Pflanzenschutzmittel auskommen. In 46 von 52 Projekten, das sind
rund 82 Prozent, finden Pflanzenschutzmittel Verwendung. Immerhin werden in 22
Projekten, rund 48 Prozent, biologische Mittel eingesetzt.
Zwischen den Ländern gibt es zudem hohe Unterschiede
bei den Kosten. Laut Studie kostet der Aufbau einer Jatropha-Plantage in Afrika
727 US-Dollar je Hektar, in Asien 892 und in Lateinamerika 1.099 US-Dollar.
Ähnlich verlaufen die Unterhaltungskosten. In Afrika und Asien beziffern sie
sich auf 220 und 268 US-Dollar je Hektar und Jahr, in Lateinamerika auf 328
US-Dollar. Jeweils ohne Arbeitskosten.
Positive Strukturen
Mit 58 Prozent ist jedoch mehr als die Hälfte der Jatropha-Pflanzungen in Zusammenarbeit mit Kleinbauern entstanden. Das bedeutet immerhin signifikante Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft der tropischen und subtropischen Länder, so die Prof. Schaltegger. Das könne das Rezept für einen sozial ausgewogenen wirtschaftlichen Erfolg sein.
Lesestoff:
[1] Farmer in Mozambique sehen Jatropha kritisch
Die englischsprachige Studie der Leuphana-Universität finden Sie hier: www.leuphana.de -> Inkubator -> Unternehmen -> Biokerosin „Insights into Jatropha Projects Worldwide
Roland Krieg; Foto: Leuphana