Von "gutem" und "bösem" Schimmel
Landwirtschaft
Pilzbewachsene Getreidekörner als Pflanzenschutzmittel
> Anfang der 1960er Jahre starben in England mehr als 100.000 Truthähne an Leberkrebs. Als Auslöser der mysteriösen ?Turkey-X?-Krankheit identifizierten die Forscher schließlich verschimmeltes Erdnussmehl aus Brasilien, das große Mengen Aflatoxin enthielt. Bis heute gilt das Gift als eines der stärksten krebsauslösenden Naturstoffe. Produziert wird es von dem Schimmelpilz Aspergillus flavus der in trocken-heißen Regionen in Mais, Erdnüssen oder Pistazien wächst. Wissenschaftler der Universität Bonn und das International Institut of Tropical Agriculture in Ibadan (IITA) in Nigeria wollen den hochgiftigen Schimmelpilz mit einer ungewöhnlichen Methode bekämpfen: Sie ?impfen? die Felder mit einer Aspergillus-Variante, die kein Toxin produzieren kann und hoffen, dass der ?gute? Schimmel den ?bösen? verdrängt. Aflatoxin ist allgegenwärtig
Der Pilz produziert sein Gift im Südwesten der USA ebenso wie in vielen Regionen in Afrika und Asien. Gerade in Drittweltländern ist der gefährliche ?Pinselschimmel?, so heißt er nach seinem Aussehen unter dem Mikroskop, allgegenwärtig. Vielleicht ist das auch ein Grund für die hohe Leberkrebsrate in Afrika. ?Unsere Kollegen vom IITA konnten kürzlich bei 99 von 100 Kindern aus Benin und Togo Aflatoxin im Blut nachweisen?, erklärte Prof. Dr. Richard Sikora vom Bonner Institut für Pflanzenkrankheiten. ?Folge sind drastische Wachstums- und andere Entwicklungsstörungen.?
?Guter? Schimmelpilz verdrängt hochgiftigen Verwandten
Abhilfe verspricht eine Idee des US-Forschers Dr. Peter J. Cotty, die ebenso einfach wie genial ist. ?Es gibt neben den gefährlichen Aspergillus flavus-Stämmen auch solche, die gar kein Gift produzieren können?, erläutert der Bonner Pflanzenpathologe Dr. Sebastian Kiewnick. ?Cotty hat einen solchen ungiftigen Aspergillus-Stamm auf Getreidekörnern vermehrt und die pilzdurchwucherten Körner auf Baumwollfeldern verteilt. Der ungefährliche Stamm war dadurch erheblich in der Überzahl und konnte so die toxische Variante fast vollständig verdrängen.? Der Erfolg war durchschlagend: Die Aflatoxin-Belastung der Baumwolle ging von durchschnittlich 1.000 ppb (parts per billion) auf unter 20 ppb zurück und lag damit unter dem US-Grenzwert für Futtermittel. Das ist wichtig, denn Baumwollsamen wird in der Tierernährung eingesetzt. Vor zwei Jahren wurde der ?gute? Pilz in den USA als biologisches Mittel zur Schädlingsbekämpfung zugelassen. Fünf Kilo pilzbewachsene Getreidekörner reichen aus, um eine Fläche von einem Hektar zu ?impfen? ? dadurch ist die Methode relativ kostengünstig. ?Gerade für Entwicklungsländer wäre das die ideale Strategie, um das Aflatoxin-Problem in den Griff zu bekommen?, glaubt daher Dr. Sikora. Zusammen mit den Kollegen des IITA suchen die Bonner bereits seit zwei Jahren nach einem Schimmelpilz-Isolat, dass garantiert kein Aflatoxin bilden kann. Man will schließlich nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. ?Außerdem muss die Aspergillus-Variante so ?fit? sein, dass sie sich in der freien Wildbahn gegen ihren giftigen Verwandten durchsetzen kann.
Einer von 3.000
Bis 2006 fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) das Projekt mit rund 1,2 Millionen Euro. Die Wissenschaftler sind bereits einen großen Schritt vorangekommen: ?Wir haben bereits 3.000 Isolate untersucht und sind dabei auf einige sehr aussichtsreiche Stämme gestoßen.? So die Zwischenbilanz von Sebastian Kiewnick. Jetzt stehen die ersten Feldversuche an. Sollten sie erfolgreich verlaufen, wollen die Forscher in einem Folgeprojekt eine schnelle und einfache Methode entwickeln, den ungiftigen Schimmelpilz für den Masseneinsatz zu vermehren. Zusätzliche Schäden durch das ?Impfen? werden nicht erwartet: ?Dass Mais oder Nüsse zu einem gewissen Grad von Pinselschimmel befallen werden, lässt sich kaum verhindern?, betont Kiewnick. ?Wir können nur beeinflussen, welcher Aspergillus-Stamm darauf wächst: Ein gefährlicher Toxinproduzent ? oder die ungiftige Variante.
Schimmel auf dem Brot
Oft entdeckt man die grünlich-weißen Schimmelstellen auf unserem Brot erst auf den zweiten Blick. Sie verbreiten sich auf den Schnittflächen oder vom Rand des Brotes aus. Bei manchen taucht dann die Frage auf, ob alles Brot weggeschmissen werden soll oder ob es ausreicht, die befallenen Stellen auszuschneiden? Der aid aus Bonn rät im Zweifelsfalle, alles wegzuwerfen. Schimmelpilze wachsen nicht nur an der Oberfläche, sondern dringen auch in das Innere des Brotes ein und geben dort ihre giftigen Stoffe ab. Auch bei uns kann Aspergillus flavus gedeihen.
Wie schnell Brot zu schimmeln beginnt, hängt von der Brotsorte, dem Backverfahren, aber auch von der Witterung und der Aufbewahrung ab. Brote mit Zusatz von Sauerteig oder Teigsäuerungsmitteln wie Roggen- und Roggenmischbrot halten sich länger als ungesäuerte oder schwach gesäuerte Brote wie Weiß- oder Weizenmischbrote. Brot sollte trocken, luftig und nicht zu warm gelagert werden und bei hochsommerlichen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit durchaus im Kühlschrank. Da wird es zwar schneller altbacken ? aber es schimmelt nicht so schnell.
roRo