Von Rügen ist der Kohl verschwunden
Landwirtschaft
Ökolandbau muss professioneller werden
Mecklenburg-Vorpommern: Weites Land. Vielfach noch unzerschnittene Flächen, Wasser im Überfluss und wenig Bevölkerung. Kein Wunder, dass der Ökolandbau im nördlichen Küstenland stark ist.
Mecklenburg-Vorpommern gehört mit seinem Flächenanteil von ca. neun Prozent unbestreitbar zu den Vorreitern des ökologischen Landbaus in Deutschland. Hier werden ca. 10 % des Bio-Schweinefleisches, ca. 15 % Bio-Rindfleisches sowie 20 % der Bio-Eier Deutschlands erzeugt. Weitere Wachstumspotentiale für Mecklenburg-Vorpommerns Ökobetriebe werden insbesondere im Obst- und Gemüseanbau gesehen. „Denn wir müssen festhalten, dass 14 % der Milchmengen, 50 % der Äpfel, 82 % der Tomaten und 51 % der Gurken nach Deutschland importiert werden. Der Umsatz mit ökologischen Lebensmittel ist in 2014 in Deutschland von 7,55 Mrd. € auf 7,91 Mrd. € gestiegen, doch bei den hiesigen Landwirten kommt die Umsatzsteigerung nicht an“, freut sich Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus.
In Mecklenburg-Vorpommern sind nach vorläufigen Auswertungen zum Stand 31.12.2014 insgesamt 1.044 Betriebe der Land- und Ernährungswirtschaft entsprechend der EG-Ökoverordnung zertifiziert. 785 landwirtschaftliche Unternehmen bewirtschaften ca. 119.300 ha Landwirtschaftsfläche ökologisch (8,9%). Zum Vergleich: der Bundesdurchschnitt lag Ende 2013 bei ca. 6,4 % (1.060.669 ha).
Die zurückliegende Fachtagung zum Ökolandbau hat aber auch die Schattenseiten aufgezeigt. Gegenüber dem Vorjahr ist die Ökoanbaufläche um 6.000 Hektar gesunken. Betriebe geben auf, obwohl die Nachfrage groß ist.
Zum einen werden die Bauern nicht mehr nach Ware gefragt, weil Bio aus Osteuropa preiswerter ist. Zum anderen fehlen im Land Beratungs- und Vermarktungskapazitäten. Früher, erklärte Agrarmarketingexperte Ulrich Hamm in der „Welt“, wurde auf Rügen Kohl angebaut. Gesunde Böden und der Wind hat Pilzkrankheiten fern gehalten. Wer heute über Rügen fährt, findet allerdings kaum ein Kohlfeld.
Öko müsse sich mehr professionalisieren, sagte Dr. Backhaus im Vorfeld: „„Wir müssen uns von der Idee loslösen, dass Bio-Landwirtschaft aus reinem Idealismus stattfinden kann. Wir haben daher als Landesregierung ein Bündel von Maßnahmen initiiert – so zum Beispiel die Anhebung der Förderung -, um den starken ‚bio‘-Standort unseres Bundeslandes weiter zu stärken.“ Das aber heißt auch, dass mehr Öko in die Ausbildung muss. Niedersachsen hat gerade einen ersten Schritt gemacht [1]. Schließlich ist es Ziel der Landesregierung, den Ökolandbau bis auf 150.000 Hektar auszudehnen.
Lesestoff:
[1] LBZ Echem stärkt ökologische Kompetenz
Roland Krieg