Vor Straathof verstummt die Kommunikation
Landwirtschaft
Vor Straathof verstummt die Kommunikation
Nur wenige Wochen, nachdem Bauern landauf und landab E-Mails an die Zeit-Redaktion geschrieben haben, nachdem der Zeitung sogar der Qualitätsjournalismus abgesprochen wurde, verstummen Branche und Bundespolitik vor dem Tierhaltungsverbot für den größten Schweinehalter Straathof.
Die Zeit hatte einen Artikel über Antibiotikaresistenzen geschrieben und teilweise über die Landwirtschaft berichtet. Die empörten Reaktionen erweckten den Eindruck, als ginge es ausschließlich um den Agrarbereich.
Adriaan Straathof führt alles andere als eine Hinterhofhaltung. Seine Holding ist systemrelevant. An 25 Standorten werden Schweine gemästet und Ferkel produziert. Die Zahlen sind nicht exakt bekannt. Alleine für Ferkel schwanken die Angaben zwischen 1,5 und 2,4 Millionen pro Jahr. Bei rund 46 Millionen Ferkeln, die pro Jahr in Deutschland produziert werden, ist das eine Marktmacht, vor allem weil im Sauenbereich der Strukturwandel mit vier Prozent oder 2.000 Betrieben im letzten Wirtschaftsjahr wieder angestiegen ist.
Bei Ferkelpreisen von knapp über 30 Euro sind vor allem die kleinen Betriebe betroffen und führt das Thema Schweinepreise auf die Agenda des EU-Agrarrates. Belgien, Dänemark, Irland, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien, Österreich und die baltischen Länder führten diese Woche an, dass die Preise deutlich unter dem Fünf-Jahres-Niveau liegen. „Die Situation hat einen kritischen Punkt erreicht“, heißt es in der Erklärung. Da auch der Binnenmarkt kaum neue Absatzmöglichkeiten bietet, müssten dringend neue Märkte geöffnet werden. Allerdings sieht der Rat das etwas anders. In manchen Ländern führe die Überproduktion zu dem Preistief, der jedoch noch nicht zu einer wirklichen Krise geführt habe. Anfang des nächsten Jahres will die EU-Kommission den Schweinesektor näher beleuchten.
Vor diesem Hintergrund hält sich Staatssekretär Peter Bleser aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium im Bundestag wortkarg zurück. Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen wollte die Effekte auf Menge und Preis ausloten, die das Straathof-Berufsverbot nach sich ziehe. Da Bleser keine Daten dazu vorlägen, könnten auch keine Preisauswirkungen abgeschätzt werden. Die gleiche Frage hatte Herd-und.Hof.de in der letzten Woche dem DBV gestellt – aber keine Antwort erhalten [1].
Bei der Frage, welche Agrarinvestitionen Straathof für den Stallbau erhalten hat, verweist Bleser auf die Transparenzdatenbank der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft. Dem Bund lägen nur aggregierte Daten aus den Bundesländern vor. Einzelinvestitionsprojekte seien nicht nachvollziehbar.
So viel Aufwand betrieben wurde, der Zeit fehlerhafte Meldungen nachzuweisen, so wenig Interesse besteht, sich von Straathofs Tierhaltungen zu distanzieren. „Jedes ignorierte Thema ist eine mögliche Krise“, sagte Dr. Hermann-Josef Nienhoff, Geschäftsführer der QS auf dem Frische Forum Fleisch der Grünen Woche 2012 [2]. Ein Jahr später plädierte auf der gleichen Veranstaltung Dr. Martina Oetjen, Marketingleiterin eines Fleischerzeugers, dafür, Verbraucher zum Fan zu machen [3]. Dabei steht die Kommunikation im Vordergrund.
Lesestoff:
[1] Causa Straathof:
[2] Systemischer Ansatz der Komplexreduktion
[3] Jeder in der Ernährungsbranche fühlt sich im Recht
Roland Krieg