Wachstum durch gute Pflege
Landwirtschaft
Es fehlen Aufforstungsflächen
Auf 6.600 Hektar nährstoffarmen Standorten bei Wildenburg in Südbrandenburg pflegt Dr. Franz Straubinger einen der größten Privatwälder Brandenburgs. Für ihn ist seit 2001 jedes Jahr das Jahr der Kiefer auf dem Familienbetrieb mit sozialer Verantwortung. Er führt eine Wirtschaft ohne Bestandsverzehr und verzichtet größtenteils auf Landesgelder in Höhe von 15 Euro je Hektar; sie passen ihm „nicht ins Konzept“, führte er auf der Kieferntagung in Eberswald aus.
63 Prozent in 12 Jahren
Was eine gute Waldpflege erzielen kann, machte Dr. Straubinger an einem Kiefernbeispiel deutlich. Bei einer Stichprobenuntersuchung fanden sie einen Baum, dessen Jugendentwicklung sehr schwer gewesen sein muss. Seine ersten Jahresringe waren mit dem bloßen Auge kaum zu unterschieden. Danach entwickelte sich der Baum 80 Jahre lang, bis er in einem ungepflegten Wald von Straubinger übernommen und gezielt gefördert wurde. Bei ordentlichem Durchforsten und Asten konnte der Baum in den letzten 12 Jahren so ein „fulminantes Wachstum“ hinlegen, dass in dieser Zeit 57 bis 63 Prozent des Dickenwachstums der Kiefer entstanden sind. Unter seiner Pflege hatte der Baum den zwei- bis vierfachen Nettozuwachs erzielt, wie in den 80 Jahren zuvor.
Die klassischen Risiken wie Feuer, Sturm, Schnee oder Insekten führten zwar zu materiellen Schäden, sind für ihn jedoch lediglich Hemmnisse in einer naturgemäßen Erwerbsforstwirtschaft. Kritischer sind für ihn die Turbulenzen am Holzmarkt, Pflegerückstände, Waldbesitzer, die nicht wirtschaften müssen und waldzerstörende Schalenwildbestände.
Nutzungsdruck im Wandel
Bis zur politischen Wende übte die hohe Nachfrage einen enormen Nutzungsdruck auf die Waldbestände aus. Danach sank die Nachfrage bis Mitte der 1990er Jahre auf 10 Prozent. Schwaches und qualitativ schlechtes Kiefernholz waren in dieser Zeit kaum abzusetzen, charakterisiert Dr. Gernod Bilke von der Landesforstanstalt Eberswalde die Zeit vor dem Aufschwung. Die Förderpolitik des Landes Brandenburg kanalisierte bei niedrigen Holzpreisen und großen Holzreserven Neuansiedlungen und Investitionen. Seit kurzem erhöht sich die Nachfrage noch einmal wegen des Wertes als nachwachsenden Rohstoff. Nach Dr. Bilke übersteigt der Bedarf aller Holzverwender das nutzbare Potenzial um zwei Millionen Kubikmeter jährlich.
Das Sägewerk in Baruth hat seinen Einschnitt seit der Gründung 1996 von 200.000 auf 1,3 Millionen Festmeter erhöht. So fordert Steffen Häußlein von der Klenk Holz AG keine weitere Herausnahme mehr von Flächen aus der forstlichen Produktion. Neue Schutzgebietsausweisungen würden neue Restriktionen mit sich ziehen und lange Umtriebszeiten von 140 Jahren seien zu überdenken: Eine Verkürzung erhöht die Holznutzung.
Wirtschaftlicher Baumbestand
Die Dominanz der Kiefer in Brandenburg ist historisch gewachsen und die Etablierung von Mischwäldern ist ökologisch sinnvoll. Allerdings hält Dr. Paul Rupp vom Amt für Forstwirtschaft in Lübben das Zurückdrängen der Kiefer auf die natürlichen Waldgesellschaften, wie Blaubeer-Kiefern-Traubeneichenwald, Heidekraut-Kiefernwald, Flechten-Kiefernwald oder Sumpfhorst-Kiefernwald „aus wirtschaftlichen Gründen“ für nicht möglich. Die Kiefer ist das ökonomische Standbein des Brandenburger Forsts und der Waldumbau ein ökologisch-ökonomischer Kompromiss.
Eine natürliche Verjüngung, so Dr. Rupp weiter, ist nicht an jedem Standort gewährleistet. Für die Naturverjüngung müssen ausreichend Samenbäume freigestellt werden, die eine gute Kronenentwicklung mit einer frühen und reichen Fruktifikation begünstigt.
Allerdings hat die Naturverjüngung auch Nachteile: So ist sie einmal von den Samenbäumen abhängig, die nachwachsenden Bäume sind nicht gleichmäßig verteilt und sie sind länger dem Wildverbiss ausgesetzt.
Philipp Fürst zu Solms-Hohensolms-Lich greift daher in seinem Wald, der zu 83 Prozent Reinbestand Kiefer ist, aus das schwedische Kullagerät zurück. Das äußerst robuste und kaum reparaturanfällige Gerät hat praktisch drei rotierende Drehkreuze nebeneinander hochgestellt und an den vier Enden kleine Spaten angebracht, mit denen bei einer Arbeitsbreite von 0,70 Meter ein Bodenstreifen im Baumbestand freigelegt wird. Je Hektar können 2.000 „samenfängische Plätze“ erstellt werden. Dazu wird der Rohhumus auf der Arbeitsbreite zur Seite geschoben, der eine Naturverjüngung behindern kann. Das Gerät wird von einem Traktor gezogen und kann um einem Zusatz erweitert werden, der in jeder dritten Samenablage eine Douglasie und in jeder fünften einen Bergahorn einsetzt. Damit kann das Kullagerät andere Baumarten „qualitativ in den Bestand einbringen“, so Fürst zu Solms.
Zukunftsbäume
Während der Jungbestandspflege sucht der Waldbesitzer bereits Zukunftsbäume aus. Diese Z-Bäume sind zum Zeitpunkt der ersten Astung besonders vital, vorwüchsig und weisen einen geraden Schaft auf. Z-Bäume werden gefördert, indem „Bedränger“ in direkter Nachbarschaft entfernt werden. Gegenüber der flächigen Nutzung eines Forstes wurde in den letzten Jahren mehr Wert auf eine einzelbaumorientierte Bewirtschaftung gelegt. Dafür hat die Landesforstanstalt Eberswalde ein Prognosemodell entwickelt, das neben der Baumprognose auch Kosten der Holzernte und das Ziel der Waldbestandsentwicklung berücksichtigt.
Wie der Zukunftswald aussieht, steht aber noch nicht fest. Bei mehr als 40 Z-Bäumen sieht Hubertus Kraut vom Forst Doberlug-Kirchhain eine Wertholzinflation, die dem Holzmarkt abträglich ist. Dr. Jan Ceitel von der Agraruniversität Poznan kommt für Polen auf deutlich mehr Z-Bäume. Je weniger Zukunftsbäume ausgewählt werden, desto mehr Derbholz kann in der Zwischenzeit genutzt werden. Hier wird der Markt mehr regeln als die Förster in ihren Planungen.
Auf einen besonderen Aspekt hat die Kieferntagung auch noch hingewiesen: Brandenburg hat sowieso schon ein geringes Wasserangebot für seine Böden, was sich bei künftiger Erwärmung verschlechtert. Die Kiefer verdunstet sehr viel Wasser nach Bestandsbegründung und mindert damit die Grundwasserneubildung an ihrem Standort. Ist das Kronendach sogar geschlossen, dann geht die Sickerungsrate nach Angaben von Dr. Jürgen Müller von der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft gegen Null. Fehlendes Wasser wiederum bremst die Bildung von organischer Substanz. Werden den Kiefern Buchen zur Seite gestellt führt vor allem die Veränderung der Kronendachstruktur zu einem positiven Effekt auf den Landeswasserhaushalt.
Lesestoff:
Die Landesforstanstalt Eberswalde (LFE) hat zur Kieferntagung eine Festschrift zum Baum des Jahres herausgebracht. Das Buch „Aktuelle Aspekte zur Bewirtschaftung und Ökologie der Kiefer im nordostdeutschen Tiefland“ umfasst 580 Seiten, hat 200 Abbildungen und 54 wissenschaftliche Beiträge. Es kostet 15 Euro ohne Versand und kann über die LFE bezogen werden: www.lfe.brandenburg.de. Dort finden Sie auch den „Grünen Ordner“ der Landesforstverwaltung Brandenburg: "Waldumbau – Richtlinie 2004".
Tipp: Machen Sie Ihren Waldspaziergang beim nächsten Mal spannender und schätzen sie mit der Winkelzählprobe einmal den Holzertrag.
Roland Krieg; Fotos: roRo