Wackelernte mit gutem Ergebnis

Landwirtschaft

„Ist´s im August recht hell und heiß…

…so lacht der Bauer im vollem Schweiß.“ Die Bauern können mit der Ernte 2014 zufrieden sein. Am Dienstag teilte der Deutsche Bauernverband (DBV) mit, dass mit rund 50 Millionen Tonnen Getreide eine gute und um fünf Prozent höhere Getreideernte als im Vorjahr eingefahren werde. Angesichts der bisherigen August-Wetterlage hatten die Bauern allerdings nur wenig zu lachen. Regen machte die Ernte zu einer echten Hängepartie. Auch darauf verwies Bauernpräsident Joachim Rukwied in Berlin bei der Vorstellung des abschließenden Ernteberichtes. Die Rapsernte blieb mit 5,8 Millionen Tonnen auf Vorjahresniveau.

Schwieriger Vegetationsverlauf

Die Vegetationsbedingungen gestalteten sich im Verlauf des Jahres zunehmend schwierig. Ermöglichte der milde Winter noch einen frühen Vegetationsbeginn, waren die Frühjahrsmonate März und April kritisch. Sie waren durch überdurchschnittliche Temperaturen und wenig Niederschlag gekennzeichnet, so dass die Bodenfeuchte im Wintergetreide nahezu in ganz Deutschland neue Tiefstände erreichte. Erst im Mai setzten Niederschläge ein, die jedoch nicht flächendeckend fielen. Schwierig gestalteten sich auch die Wetterbedingungen zur Erntezeit in den vergangenen Wochen. Die unbeständige Witterung mit regionalen Unwettern mit Sturm, Starkregen oder sogar Hagel verzögerte die Ernte der reifen Getreidebestände, die vielfach ins Lager gegangen waren.

Deshalb sind die Berichte aus den einzelnen Regionen auch sehr unterschiedlich. Bayern meldete in der vergangenen Woche bereits eine weitgehend abgeschlossene Getreideernte, während im Osten und Süden Niedersachsens Regen die Ernte verzögert. Im südniedersächsischen Bergland hat die Witterung sogar zu deutlicher Reifeverzögerung geführt, so dass dort noch jedes zweite Weizenfeld abgeerntet werden muss. In Sachsen wurden die Mähdrescher Ende Juli in die Scheune zurückgeschickt und konnten erst Anfang August die Arbeiten wieder aufnehmen. Die Hoffnungen durch einen frühen Erntestart in diesem Jahr zügig abschließen zu können, verflüchtigte sich in den letzten Wochen. „Hört der Juli mit Regen auf, geht leicht ein Teil der Ernte drauf“, so lautet eine zweite Bauernregel.

Im Rheinland waren am 23. Juli bereits 14 Prozent des Weizens gedroschen – heute stehen noch immer 15 Prozent auf den Feldern. Der Regen lässt die Mähdrescher nicht aufs Feld und die Weizenernte dauert sogar zwei Wochen länger als sonst. Nur im südlichen Rheinland und am Niederrhein ist alles abgeerntet. Im Bergischen Land und rund um Düsseldorf hatten die Bauern im August noch keinen einzigen Erntetag. Die Bergung des Strohs wird voraussichtlich noch bis in den September hinein andauern.

Qualitätseinbußen

Die gute Entwicklung der Getreide- und Rapsbestände war seit einiger Zeit erkennbar, erklärte Rukwied. Winterweizen und Braugerste kann aber regional oft nicht die Qualitätsanforderungen der Mühlen entsprechen. Matthias Kick, Getreidereferent im Bayerischen Bauernverband fordert die Mühlen auf, die Qualitätsanforderungen zu überdenken. Kick verweist auf eine Studie des Max-Rubner Instituts (MRI). Die Fallzahl beschreibe weder den Auswuchs an Korn noch die Backeigenschaften des Weizenteigs: „Eine backtechnologische Begründung für die Festlegung von Mindestwerten der Fallzahl gibt es deshalb laut MRI nicht.“ Waren in den letzten Jahren die Eiweißgehalte in den Braugerstenpartien zu hoch, liegen sie nun nach Aussagen der Mälzer und Brauer zu tief. „Ich verstehe jeden Landwirt, der sagt jetzt reicht es, und den Braugerstenanbau einstellen will“, sagte Kick schon vor zwei Wochen.

Alfred Reisewitz, Getreideexperte bei agravis, ist zwar mit den Weizenqualitäten größtenteils zufrieden, sieht aber große regionale Unterschiede. Kornanomalien und Mycotoxine sind bislang nicht festgestellt worden. Die unterschiedlichen Qualitäten sind nach Reisewitz zunächst einmal eine logistische Herausforderung des Agrarhandels, der sie separieren muss. Bei größeren Problemen müsste sich der Handel mit der Industrie auf technisch mögliche Kompromisse einigen. Mühlen- und Stärkeindustrie ließen sich mittlerweile auf flexible Handhabungen ein. Das allerdings gelte nicht für den Exporthandel, der mit strikteren Qualitätsrichtlinien funktioniere.

Preise

Gute Ernte, schlechte Preise. Nach Reisewitz hatten die Weizenpreise Anfang August ihren Tiefpunkt erreicht. Argumente für weiter sinkende Preise würden dünner und aktuell steige die Kaufbereitschaft der Industrie. Für die Bauern, die mit witterungsbedingten Mindererträgen zu kämpfen haben, erschweren die niedrigen Preise die wirtschaftliche Lage, erklärte Rukwied in Berlin.

Die Ernteergebnisse

Nach Einschätzung des DBV erzielten die einzelnen Kulturen folgende Ernteergebnisse:

Winterweizen wurde auf einer Fläche von knapp 3,2 Millionen Hektar (+ 3,5 Prozent gegenüber 2013) angebaut. Unter anderem wegen der zuletzt unbeständigen Witterungsverhältnisse ist noch etwa ein knappes Drittel der Weizenfläche zu ernten. Nahezu abgeschlossen werden konnte die Weizenernte im Süden Deutschlands und in Schleswig-Holstein. Nach den bisherigen Druschergebnissen werden im Bundesdurchschnitt gute Hektarerträge von knapp 8,3 Tonnen erzielt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Ertragssteigerung um drei Prozent. Somit ist in diesem Jahr eine Winterweizenernte in Höhe von 26,2 Millionen Tonnen zu erwarten, fast 1,6 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Die regenbedingten Ernteverzögerungen können dazu führen, dass in der noch zu erntenden Ware Qualitätskriterien wie die Fallzahlen – ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung der Backqualität – niedriger als gewünscht ausfallen. Um die Qualität zu erhalten, ernten viele Landwirte den Winterweizen trotz hoher Feuchtegehalte, so dass für eine sichere Einlagerung eine kostenintensive Trocknung erfolgen muss.

Durch den frühen Erntebeginn bei guten Witterungsbedingungen und die ausgeprägte Schönwetterphase in der zweiten Juli-Hälfte konnte die Wintergerste überwiegend unter trockenen Bedingungen eingebracht werden. Insgesamt haben die deutschen Bauern 9,1 Millionen Tonnen Wintergerste und damit 680.000 Tonnen mehr als im vergangenen Jahr geerntet. Bei einer gegenüber dem Vorjahr nur um zwei Prozent ausgeweiteten Anbaufläche von 1,24 Millionen Hektar ist auch hier das bessere Ernteergebnis in erster Linie auf die höheren Hektarerträge zurückzuführen, die im Bundesdurchschnitt bei nahezu 7,4 Tonnen liegen. In Relation zu den Vorjahreserträgen von knapp 7 Tonnen pro Hektar stiegen die diesjährigen Erträge um sechs Prozent, gegenüber dem langjährigen Mittel sogar um zwölf Prozent.

Die Ernte der Sommergerste ist in den wichtigen Anbauregionen Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ebenfalls weit vorangeschritten, konnte jedoch noch nicht abgeschlossen werden. Auf der diesjährigen Anbaufläche von knapp 350.000 Hektar werden voraussichtlich 1,9 Millionen Tonnen Sommergerste geerntet. Da die Anbaufläche etwa drei Prozent niedriger ausfällt als im Vorjahr, geht dieses Ergebnis in erster Linie auf die guten Hektarerträge zurück. Diese schwanken regional zwischen fünf Tonnen pro Hektar in Rheinland-Pfalz und sechs Tonnen pro Hektar in Niedersachsen. Im Bundesdurchschnitt liegt der Hektarertrag bei 5,5 Tonnen und übertrifft das langjährige Mittel um 0,3 Tonnen pro Hektar.

Die wichtigsten Anbauregionen für Winterroggen befinden sich in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt. Allein diese vier Bundesländer vereinen gut 460.000 Hektar und damit über 70 Prozent des insgesamt in Deutschland angebauten Winterroggens. Bundesweit war der Anbau von Winterroggen zur Ernte 2014 mit lediglich gut 636.000 Hektar deutlich rückläufig. Es wurde nicht nur die Anbaufläche des Vorjahres um 150.000 Hektar oder 19 Prozent, sondern auch das langjährige Mittel in Höhe von 700.000 Hektar unterboten. Die erzielten Hektarerträge haben das gute Vorjahresergebnis allerdings nochmals übertroffen und erreichen damit im Bundesdurchschnitt knapp 6,2 Tonnen. Dennoch fällt die Roggenernte wegen der deutlich reduzierten Anbaufläche in diesem Jahr geringer aus als in 2013. Mit 3,9 Millionen Tonnen wird das Vorjahresergebnis um 750.000 Tonnen oder um 16 Prozent unterschritten.

Die Ernte von Winterraps ist fast vollständig abgeschlossen. Gegenüber dem Vorjahr gestaltet sich die Ertragsentwicklung der wichtigsten in Deutschland angebauten Ölpflanze positiv. Im Bundesdurchschnitt wurden Erträge von rund 4,2 Tonnen pro Hektar erzielt, was gegenüber dem Vorjahr einer Ertragssteigerung um fast 6 Prozent entspricht. Die Anbaufläche zur Ernte 2014 wurde leicht um 64.000 Hektar auf 1,4 Millionen Hektar reduziert. Im Ergebnis wird die Ertragssteigerung durch die Flächenreduzierung nahezu ausgeglichen. Die Rapsernte wird folglich erneut eine Größenordnung von 5,8 Millionen Tonnen erreichen. Auch qualitativ kann die diesjährige Ernte in weiten Teilen Deutschlands überzeugen. Mit 42 bis 45 Prozent fallen die Ölgehalte vielerorts gut bis sehr gut aus.

Jetzt noch ein wenig Sonne

Vom Regen während der Getreideernte profitieren Mais und Zuckerrüben. Die gute Wasserversorgung lässt auf ein ordentliches Massewachstum schließen. Sonne ist aber notwendig, weil Mais eine wärmeliebende Pflanze ist und erst dann einen großen Kolben ausbildet. Bei der Zuckerrübe begünstigt die Sonne die Einlagerung von Zucker. Die Ernte dieser Früchte beginnt aber erst in ein paar Wochen, so dass Petrus noch ein paar Sonnentage einplanen kann.

Obst und Gemüse

Auch wenn Starkregen den Sonderkulturen zugesetzt hat, ist der DBV mit der Ernte von Spargel, Erdbeeren, Tabak, Kirschen und Pflaumen zufrieden. Rukwied sieht nicht Russlands Agrarpolitik als Damoklesschwert über den Sonderkulturen, sondern den Mindestlohn. Lohnkosten machen bis zu 80 Prozent der Kosten aus. Rukwied fürchtet, dass 2015 kostengünstig erzeugte Ware aus süd-, mittel und osteuropäischen Ländern deutsche Ware verdrängen wird. Ob Wertschöpfung und Arbeitsplätze aus Deutschland abwandern, sei auch ein Ergebnis warentreuer Konsumenten.

Roland Krieg, VLE, DBV

Zurück