Wälder haben mehr… Wert
Landwirtschaft
Proteste bei EU-Konferenz zum Forstmanagement
Der Montag stand in Brüssel ganz im Licht der europäischen Konferenz zum Forstmanagement. Die Forstwirtschaft beschäftigt in der EU rund drei Millionen Menschen und die Wälder sichern neben Holz Ökosystemleistungen wie Trinkwasser und saubere Luft, Biodiversität und neue Wirtschaftszweige, jenseits von Holz und Rinde. Zum Beispiel der Tourismus.
42 Prozent der EU-Fläche ist bewaldet. 40 Prozent davon gehören den Staaten, 60 Prozent sind in Privatbesitz. Die Streuung ist groß. So gehören portugiesische Wälder nahezu alle Privatbesitzern, in Polen ist fast der ganze Wald staatlich. Den EU-Ländern ist der Wald eine Menge wert. In der aktuellen Förderperiode bis 2020 gibt die EU rund 8,2 Milliarden Euro für den Forst aus. Nach Maria Gafo von der Generealdirektion Landwirtschaft und ländlicher Raum sind 2,2 Milliarden Euro für Aufforstungen auf rund 500.000 Hektar Fläche eingeplant. Für Regulierungen von Wetterschäden und durch Schädlingen stehen 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung und noch einmal diese Summe dienen dem Waldumbau gegen Klima- und Umwelteinflüsse
Neben diesen direkten Forstmanagementmaßnahmen geben die Länder im Rahmen von Natura 2000 und der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie weitere 220 Millionen Euro aus und 44 Millionen stehen für die Überwindung der fragmentierten Kleinstrukturen privater Wälder durch Kooperationen bereit.
Bewaldete Auentäler oder großer Nationalpark?
„Life“ ist das einzige EU-Instrument für direkte Umweltpolitik und hat sich nach Angelo Salsi, der in der EU-Kommission für kleine und mittlere Unternehmen zuständig ist (EASME), als Finanzierungsinstrument für Natura 2000 etabliert. Natura 2000 sei vielleicht nicht so groß wie andere Schutzgebiete auf der Welt, doch in seiner Ausgestaltung für Umwelt und Wirtschaft einzigartig.
Eines der „Life“-Projekte sind die Bachtäler im Arnsberger Wald in Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche kleine und große Fließgewässer durchziehen das größte NRW-Waldgebiet im Süden der Westfälischen Bucht und weisen eine hohe Tier- und Pflanzenvielfalt auf. Die Renaturierung gibt den Gewässern wieder seine naturnahen Auen, womit der Wasserhaushalt der Region gesichert bleibt. Noch sind einige Auen entwässert, durch einförmige Fichtenforsten dunkel und artenarm [1].
Ein andere Region mit einem anderen Projekt ist derzeit hoch umstritten: Die Puszta Bielawieza. Ein großräumiges Waldgebiet im Osten Polen, das in weiten Teilen unberührt ist, als Urwald gilt und einzigartige Tiere und Pflanzen aufweist. Bevor der polnische Umweltminister Jan Szyszko auf der Brüsseler Konferenz über das Forstmanagement reden konnte, übernahmen polnische Protestler das Mikrofon. Hintergrund sind die weit gereiften Pläne der polnischen Regierung, das Weltkulturerbe Bielawieza forstwirtschaftlich nutzen zu wollen. Lokale Umweltverbände fürchten um Kahlschlag in dem Natura 2000-Gebiet und forderten den Umweltminister zum Stopp der Einschlagspläne auf. Sie haben wissenschaftliche Expertisen hinter sich, die dem Waldgebiet eine Einzigartigkeit bescheinigen.
Szyszko hingegen beschreibt den Wald als zerfallen und Hort von Schädlingen wie dem Borkenkäfer. Er verweist auf Jahrhunderte alte Traditionen der Forstwirtschaft in der Region und macht die EU als Hüter eines Urwaldes für den Niedergang der Bielawieze verantwortlich. Auf 17.000 Hektar könne der Wald ohne menschliches Dazutun wachsen und bedrohe Tierarten. Er verkauft den Holzeinschlag als „Schutzmaßnahme“ gegen Forstschädlinge und Wiederherstellung des „natürlichen Lebensraumes“.
Die Umweltschützer hingegen weisen auf die touristische Attraktivität, die von der Puszta Bielawieze ausgehe und unterstellen der Regierung überwiegendes Interesse an einer wirtschaftlichen Einschlagspolitik.
Waldinformationssystem im Aufbau
Seit 1989 versucht die EU bereits ein einheitliches Waldinformationssystem aufzubauen, erläuterte Claudia Olazábal von der DG Umwelt. Erste Erfolge habe es aber erst 1992 mit der Verordnung über Waldbrände gegeben und dem Aufstellen einer neuen Forststrategie im Jahr 2013. Darin wird der Wald als multifunktionaler Raum für Erholung, Sicherung der Biodiversitätsstrategie und Wirtschaft angesehen. Voraussetzung seien einheitliche Datensätze zwischen den Ländern. An einen Entwurf arbeite die Wissenschaftsgruppe, damit vor allem die nicht-monetären Ökosystemdienstleistungen in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einfließen können [2]. Bernhard Budil vom Forstbetrieb Österreich hingegen warnt vor überzogenen Bemühungen. Nicht jeder Wert kann in einem monetären Betrag wider gegeben werden.
Lesestoff:
Nachrichten von der Konferenz finden Sie unter
http://ec.europa.eu/environment/forests/conference.htm
[2] http://forest.jrc.ec.europa.eu
Roland Krieg; Fotos: roRo (Screenshot der Videoübertragung,)