Wann kommt BtL in die Tanks?
Landwirtschaft
BtL: Jeder will es, keiner zahlt es
Biomass to Liquid –oder kurz BtL: Biomasse wird vergast, das Gas gereinigt, anschließend synthetisiert und in flüssige Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Was 1925 die deutschen Chemiker Franz Fischer und Hans Tropsch erfanden, gilt heute als die Lösung für die dekarbonisierte Mobilität. Mehr noch: BtL kann in jedem Auto eingesetzt, der Motor muss nicht verändert werden und die Infrastruktur zur flächigen Verteilung ist auch vorhanden. Gründe, die Dr. Stefan Keppeler von der Daimler AG auf dem gestern in Berlin gestarteten 4. BtL-Congress auch zu benennen wusste. Doch seit dem ersten alle zwei Jahre stattfindenden BtL-Congress bleibt die Frage, wann und wie viel BtL es demnächst im Handel geben wird, weiterhin offen.
Biomasse: Verstromen oder
verfahren?
Die Automobilindustrie
bekannte sich auf der Abschlussdiskussion des ersten Abends deutlich zu BtL.
Dr. Hans-Jürgen Schäfer von Volkswagen vermisst angesichts nur endlich
verfügbarer Biomasse eine deutliche Priorisierung für deren Verwendung. Für die
Direktverstromung sei die Biomasse viel zu wertvoll. Der Fokus sollte auf die
Mobilität gelegt werden. Hier werden hochqualitative Treibstoffe verlangt und
BtL ist einer davon.
Clemens Neumann aus dem
Bundeslandwirtschaftsministerium sieht das anders. Für die Klimaziele der
Bundesregierung müsse der Anteil biogener Kraftstoffe versechstfacht werden,
was die Ressourcen verknappe. Die höchste Priorität der Landnutzung solle bei
der Lebensmittelproduktion bleiben. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette
erziele die Verstromung und die stoffliche Nutzung der Biomasse die bessere
Rendite. Trotz aller Bemühen werde Deutschland auf den Import von Biomasse oder
BtL angewiesen bleiben.
Wertvolle Reststoffe
Als Alternative für
nachwachsende Rohstoffe werden immer wieder „Reststoffe“ genannt. Produkte, die
wie Stroh, nicht für die menschliche Nahrung, aber für Strom, Wärme oder
Treibstoff genutzt werde können. Dieter Bockey vom Deutschen Bauernverband
(DBV) sagte, die „Reststoffe“ gibt es nicht zum Nulltarif. Sie haben ihren
Substitutionspreis, der an die Bauern weitergegeben werden muss.
BtL nur im Prinzip fertig
Pilotanlagen und weltweit
einige Großanlagen sind fertig oder im Bau. Aber in den nächsten Jahren wird es
nach Ansicht von Dr. Keppeler immer noch keinen wettbewerbsfähigen BtL-Treibstoff
geben. Die Forschungsanlagen brauchen dreistellige Millionenbeträge und mehrere
Jahre Zeit. Erst diese Pilotanlagen bringen belastbare Zahlen hervor, den Herstellungsprozess
auf industrielle Größe zu bringen. Dafür gibt es aber kaum Investoren, so
Matthias Rudloff von der Choren-Industries GmbH, die in Freiberg eine
BtL-Anlage betreibt. Die klassischen Investoren steigen seiner Meinung nach
erst in ein bis zwei Jahren ein, wenn mehr Anlagen laufen.
Wichtig sind dafür stabile
politische Rahmenbedingungen, wie Besteuerung und Investitionsförderungen, über
die Clemens Neumann laut nachdachte. Dem Biodiesel wird lediglich eine
Übergangsphase bescheinigt. Heteroatome und Mehrfachbindungen machen nach Dr.
Ralf Stöckel von der Total Deutschland GmbH es den Mineralölkonzernen schwer,
hohe Qualität zu produzieren. Nach Dr. Keppeler führe jeder Tropfen Biodiesel,
der über einen siebenprozentigen Beimischungsanteil hinausgeht zu Problemen im
Motor. Letztlich müsse aber jemand die teuren BtL-Komponenten bezahlen: Die
Gesellschaft über Subventionen oder der einzelne mit fünf Cent Extra je Liter,
so Stöckel.
Lesestoff:
Morgen geht es weiter mit 4.
BtL-Konferenz
Teil III: Prozesstrennung und Spreu
Roland Krieg