Wann wird´s mal wieder richtig Winter?
Landwirtschaft
Die lieben Ansichten über das Wetter
Mal so richtig knackigen Frost und eine dicke Schneedecke? Hätte sich das Rudi Carrell gewünscht [1]? Kinder wünschen sich Schlittenfahrt und rote Bäckchen. Die Eltern können mit Blick auf die Heizwerte einem warmen Winter auch Gutes abgewinnen. Die Landwirtschaft braucht Frosttage.
Die killen die Schädlinge, eine Schneedecke schützt die Winterkulturen vor dem Erfrieren und Frosttage mit Temperaturen unter null Grad Celsius stoppen das Wachstum von Winterraps und Wintergetreide. Wenn es dann wärmer wird haben die Winterkulturen einen Vegetationsvorsprung vor den noch auszusäenden Sommerkulturen und liefern höhere Erträge.
Doch wie ist das in diesem Jahr? Der bisherige Winterverlauf erinnert an den bislang zweitwärmsten Winter 1974/75, den Andy Bayerwald in seiner Wetterchronik im Rückblick beschreibt. Die Schneepflüge standen zwar schon im Oktober nach einem starken Sturm bereit und schneiten den Bayerischen Wald zu. Doch schon der Dezember wartete mit Temperaturen bis zu zehn Grad plus auf. Der 600 Meter hoch gelegene Falkenstein meldete Mitte Dezember sogar 19 Grad. Ein anhaltendes Hochdruckgebiet bescherte dem Januar ein Plus von 1,9 Grad über dem langjährigen Mittelwert und plus fünf Grad am 02. Februar. Kein Neuschnee. Der März begann warm und brachte lediglich im letzten Drittel noch einmal richtiges Winterwetter.
Dieser Winter wurde gemessen an der Temperatur vom Winterwetter 2006/07 geschlagen, erinnerte der Deutsche Wetterdienst in seinen Annalen. Um 0,7 Grad und erzielte eine um vier Grad höhere Temperatur als das langjährige Klimamittel 1961 bis 1990. Es folgte der wärmste März seit 1901, der flächenmäßigen Winter-Wetteraufzeichnung.
Das erinnert an die vergangenen Wochen. Regional fielen vereinzelt Schnee und Temperaturanzeige, doch meist fiel der Niederschlag als Regen. Vergangene Woche maß der Deutsche Wetterdienst einen sehr nassen Januar. Der Monat war um satte fünf Grad wärmer als das Mittel der Jahre 1961 bis 1990 und der sechswärmste Januar seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1881. Der Niederschlag erfüllte 168 Prozent seines Januar-Solls von 61 Liter pro Quadratmeter.
Welche Auswirkungen der warme Winter hat, bleibt abzuwarten. Für Ostdeutschland gibt es auch in den nächsten Tagen keinen „richtigen Winter“. Aber wenigstens einige Frosttage, damit die Winterkulturen nicht ins Kraut schießen. Ob es gegen Pilze und tierische Schädlinge reicht, bleibt noch abzuwarten. Die Temperaturen von zwei bis drei Grad unter null lassen den nassen Boden jedoch kaum gefrieren. Damit kann der Wechsel von Wasser zu Eis den Boden nicht sprengen und feinkrümelig machen und die Landwirte können die Felder nicht befahren.
Lesestoff:
[1] Für die jüngeren Leser: Der niederländische Showmaster Rudi Carrell beklagte in einem Hit des Jahres 1975 verregnete und kühle Sommermonate: „Wann wird´s mal wieder richtig Sommer?“
Roland Krieg