Weidetiere und der Wolf

Landwirtschaft

Bundeszentrum Weidetiere und Wölfe

Am Mittwoch haben Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und der Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Hanns-Christoph Eiden, das Bundeszentrum Weidetiere und Wolf im Brandenburgischen Eberswalde eröffnet. Der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag war noch offen. Die Rückkehr des Wolfes ist ein Erfolg des Artenschutzes, spaltet aber auch Weidetierhalter in zwei Lager: Die einen können mit der Anwesenheit des Raubtieres umgehen, die anderen wollen den Wolf wieder loswerden oder nur in eng begrenzten Regionen zulassen. Alle drei bis vier Jahre verdoppelt sich der Wolfsbestand. Allein im vergangenen Jahr sind nach Auskunft der Bundesregierung 2.476 Schafe, 83 Ziegen, 27 Rinder und 194 Stück Gehegewild durch Wölfe verletzt oder gerissen worden. Erst Anfang des Monats sind insgesamt 25 Tiere in einem Wildgehege im bayerischen Betzenstein gerissen worden. Der Ort liegt im Landkreis Bayreuth, wo im Veldensteiner Forst bislang das einzige Rudel im Freistaat lebt.

Aufgaben des Bundeszentrums

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagte: „Wölfe und Nutztiere – beide haben Anspruch auf Schutz. Und deshalb darf die Rückkehr des Wolfs nicht dazu führen, dass die Weidetierhaltung in einigen Regionen Deutschlands in Frage gestellt wird. Wir brauchen sie für die Pflege und Erhaltung unserer Kulturlandschaften. Sie steht außerdem für eine nachhaltige Nutztierhaltung, die von der Gesellschaft akzeptiert ist. Doch die Anzahl der Wolfsangriffe nimmt drastisch zu – trotz Herdenschutzmaßnahmen.“  Das Bundeszentrum soll folgende Aufgaben übernehmen:

Erstellung einer jährlichen, länderübergreifenden Übersicht der angewandten Herdenschutzmaßnahmen (Zaun, Herdenschutzhunde) insbesondere in Wolfsgebieten, einschließlich der Erfassung der bei diesen Maßnahmen dennoch stattgefundenen Übergriffe – mit Ursachenforschung.

Optimierung von angewandten Schutzmaßnahmen unter anderem durch Rückkopplung mit Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft, betroffenen Praktikern und Verbänden.

Entwicklung neuer Forschungsprojekte zu Herdenschutzmaßnahmen, auch unter Nutzung der Digitalisierung.

Optimierung von Abläufen nach einem Wolfsübergriff sowie Verbesserung der Verfahren der Entschädigungspraxis in Zusammenarbeit mit den Ländern.

Klärung von Finanzierungsfragen des Herdenschutzes.

Förderung des Dialogs zwischen Weidetierhaltern, den Verbänden des Naturschutzes und der Öffentlichkeit.

Rechtliche Klärung der naturschutzrechtlichen Einstufung des Wolfes sowie strategische Überlegungen zur Regulierung.

BLE-Präsident Dr. Hanns-Christoph Eiden ergänzt: „Wir schaffen eine Plattform, die praxisgerechte Lösungen entwickelt – inklusive Angaben zu Kosten und Fördermöglichkeiten. Wir setzen dabei auf die Kooperation mit den Bundesländern und ihre Erfahrungen aus regionalen Beratungsstellen.“

Wölfe ja – aber auf Abstand

Obwohl viele Bundesländer mittlerweile Wolfsmanagementpläne aufgestellt haben, ist der Deutsche Bauernverband unzufrieden. DBV-Präsident Joachim Rukwied sagte am Mittwoch: „Die bisherigen Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz zur Regulierung von Wölfen sind für den Schutz der Weidetierhaltung faktisch nutzlos und bleiben weit hinter dem europarechtlich Machbaren zurück. Das zeigt der Vergleich zum Wolfsmanagement in anderen europäischen Staaten wie Schweden und Frankreich.“  Ds Bundeszentrum Weidetiere und Wölfe dürfe sich nicht auf die Fragen Zaunbau und Herdenschutz beschränken, sondern brauche ein „aktives Wolfsmanagement“.

Knackpunkt bleibt die 1992 von der EU erstellte Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH).Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern hat Deutschland beispielsweise den Punkt, wie Wildtiere zu entnehmen sind, nicht in das Bundes-Naturschutzgesetz übernommen. Im Baltikum, Ungarn und Rumänien wird der Wolf wie andere Wildtiere bejagt und in Skandinavien stehen längst Obergrenzen fest, die den Wolf nur unterhalb dieser Grenze schützt.

Mittlerweile hat sich auch die Deutsche Wildtierstiftung für die einfachere Entnahme von Wölfen nach Rissvorfällen und Wolf-Mensch-Begegnungen ausgesprochen, damit die Wölfe lernen, Abstand zum Menschen zu halten. Das plant das Bundesland Brandenburg in diesem Jahr als Update ihres Wolfmanagementplans.

Anfang des Jahres hat die Bundesregierung die aktuellen Zahlen über die Ausbreitung der Wölfe veröffentlicht. Vor neun Jahren waren es sieben Rudel, sieben Paare und sechs Einzeltiere. Im Jahr 2019/2020 waren es hingegen schon 128 Wolfsrudel, 35 Wolfspaare und zehn Einzelwölfe.

Roland Krieg

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