„Welche Folgen hat der Umbau in der Nutztierhaltung“

Landwirtschaft

Folgenabschätzung Tierhaltung vom Thünen-Institut

Am Montag hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Folgenabschätzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung vorgelegt. Es wird schon lange kaum mehr über das „Ob“ debattiert, doch über das Tempo gibt es verschiedene Ansichten.

Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die so genannte „Borchert-Kommission“, hat in ihren Vorschlägen den Weg zum Umbau zu artgerechten Tierställen beschrieben, Finanzierungsmodelle vorgeschlagen und die Kosten in Höhe von zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt. Dieses Volumen hatte der Wissenschaftsbeirat schon zuvor der Bundesregierung zur Kenntnis vorgerechnet. Die Wissenschaftler vom Thünen-Institut haben mit der vorliegenden Politikfolgenabschätzung die Entwicklungspfade für drei Tierwohlstufen bei verschiedenen Nutztierarten vor.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geht schrittweise vor. Sie will kein Maut-Desaster wie das Verkehrsministerium erleben und keinen disruptiven Wandel, der den Strukturwandel beschleunigt. Der Umbau der gesamten Nutztierhaltung in Deutschland „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, erklärte Klöckner. Für sie ist die vorliegende Folgenabschätzung der letzte Baustein vor der Umsetzung, die rechtssicher erfolgen kann. Ohne diesen planmäßigen Umgang würde sich der Strukturwandel beschleunigen und die verbliebenen Betriebsleiter hätten keine Planungssicherheit für ihre Investitionen. Am Ende der Wertschöpfungskette steht der Verbraucher, der mit einer Tierwohlkennzeichnung das System verstanden hat und entlohnen muss. Mit Blick auf das „Bio-Siegel“ erklärte sie, Erfolg resultiert nicht aus einer allgemeinen Verpflichtung. Das Bio-Siegel lädt zu einer freiwilligen Teilnahme ein.

Ziel ist ein „Vertrag zwischen Nutztierhaltern und Staat“, der mit „Druck und Sog“ die gesamte Branche nach vorne bringt. Dem politischen Ziel fügte Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts, die physikalischen Größen an. Die gesellschaftliche Kritik ist der Druck und die politischen Anreize sind der Sog, die Nutztierhalter bewegen. Bis 2040 sollen alle Nutztierhaltungen mindestens der Stufe 2 angehören, wobei die einzelnen Kriterien, außer bei der Schweinehaltung, noch nicht festgelegt sind. Die Aufgabe der Folgenabschätzung war das Ziel 2040 ins Auge zu fassen und anhand von Szenarien verrechnen, welche Kosten auf die Betriebe zukommen. Jochen Borchert ergänzte, es gebe bei der Frage um mehr Platz und Außenbereich kaum mehr um eine Anpassung bestehender Ställe, sondern allermeisten um einen Neubau mit Baugenehmigung und Umweltverträglichkeitsprüfung. Beim Umbau dürfe man nicht nur auf die Wünsche blicken, sagte Klöckner.  

„Es ist viel schwere See für die Nutztierhaltung“, fasste Isermeyer zusammen. Wenn die Haltung nicht aus den Schlagzeilen komme, dann entsteht ein disruptiver Druck für die ganze Branche. Daher kann der politische Rahmen einen moderaten Umbau vorgeben. Wie der Entwicklungspfad verlaufen wird „kommt auf den Elan der Politik an und mit welcher Kooperation Wirtschaft und Politik verlaufen“, unterstreicht Isermeyer. Die drei bis vier Milliarden Euro pro Jahr entsprechen lediglich fünf Cent pro Mahlzeit beim Verbraucher.

Nach Isermeyer funktioniert der Umbau als Ganzes auch nur im Instrumentenmix. Das Vertrauen allein auf Marktkräfte reiche nicht.  Die alleinige Förderung des Stallumbaus reiche nicht, wenn die Standards über den EU-Standards und die Landwirte im europäischen Wettbewerb doch rote Zahlen schreiben. Es muss also auch noch eine Tierwohlprämie gezahlt werden, die nach geltendem EU-Recht lediglich auf maximal sieben Jahre begrenzt ist.

Hier sind noch offene Baustellen und enttäuschen die Leser, die am Montag einen schnellen Abschluss erwartet haben.

Denn auch, wenn alle Puzzelteile vorliegen, das betriebsindividuelle Geschehen lässt sich daraus nicht ableiten. Das schreiben auch die Autoren: Bis 2010 sind die Tiezahlen Schwein bundesweit angestiegen, seit dem gehen sie zurück. Doch hinter dieser Betrachtung „verbergen sich erhebliche regionale Unterschiede innerhalb Deutschlands“. Die einzelbetrieblichen Schlüsse in viehdichten und viehmangel Regionen liegen noch nicht vor.

Lesestoff:

Die Folgenabschätzung finden Sie unter https://www.bmel.de

Roland Krieg

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