Weltacker auf der IGA-Berlin
Landwirtschaft
Den Teller jährlich mit Produkten von 2.000 qm füllen
Das Projekt 2000 qm ist vom Berliner Stadtrand Gatow nach Marzahn umgezogen. Am Wuhleteich präsentiert sich der Jahreszeit entsprechend zum Teil noch ein karger Acker, aber die Aussaat ist gelaufen. Das Feld ist exakt 2.000 qm groß und entspricht einem Fünftel Hektar, mit dem die Landwirtschaft normalerweise rechnet. Und die Landwirte können sich nicht entscheiden, ob sie Futtermittel, Nahrung für den Menschen oder Biomasse anbauen sollen. Über die Landnutzungskonkurrenz wird viel geschrieben und debattiert. In Marzahn haben Berliner und ihre Gäste seit letztem Sonntag Gelegenheit, sich anzuschauen, wie groß 2.000 qm sind und was so alles darauf wachsen kann.
Und weil das Projekt eine Idee von „Meine Landwirtschaft“ und Entwicklungshilfeorganisationen ist, zeigen die 2.000 qm alles auf, was auf den Küchentisch kommen kann. Die Fläche ergibt sich. wenn die aktuell nutzbare Ackerfläche der Welt durch die Zahl der Menschen auf der Erde geteilt wird. Mit der Platzierung des Weltackers ist den Betreibern ein informativer Baustein für die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) in Berlin gelungen, die seit April mitten in der Stadt, am Rande der Marzahner Plattenbauten, internationale Gartenkunst darstellt.
Der Weltacker hat seinen Platz am IGA-Campus nicht umsonst am Wuhleteich bekommen. Gleich nebenan befindet sich die Kleingartenkolonie „Am Kienberg“, die 1980 als 10.000. Gartenanlage gefeiert wurde. Von den 260 Parzellen in der Kolonie sind während der IGA 70 Parzellen vom Ausstellungsgelände aus für Besucher geöffnet. Sie können sich bei den Familien Tipps und Tricks für den heimischen Garten erfragen. Vorsitzender Burkhard Träder gestand, dass die Kleingärtner zuerst skeptisch gegenüber dem großen IGA-Konzept waren. Doch die Verbundenheit der Gartenfreunde hat am Ende mit der Zusammenarbeit eine gelungene Kooperation gefunden. Außerdem habe das Projekt IGA dem Stadtteil Marzahn 100 Millionen Fördergelder für die Modernisierung der Infrastruktur beschert.
Und der Weltacker ist zunächst einmal auch nichts anderes als Gartenbau. Die Gartenkunst gab es zwar mit den assyrischen Königsgärten zum Wandeln unter Palmen schon im Altertum. Für die Menschen essentiell sind jedoch die Nutzgärten zur Gewinnung von Nahrung, was sich in Kleingartenkolonien zum Teil satzungsgemäß noch wiederfindet.
Der Weltacker zeigt allerdings nicht den zusätzlichen Anbau von saisonalem Obst und Gemüse, sondern die Feldfrüchte, die auf dieser Fläche ganzjährig für einen einzelnen Menschen zum notwendigen Überleben angebaut werden können. Er muss nicht hungern – oder zum Vegetarier werden. Aber die Zahl der Übergewichtigen Menschen hat die Zahl der Hungernden weltweit bereits überholt. Für Benny Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft (Foto) ein Zeichen des Überflusses, bei dem die Menschheit die Ressourcen nicht gerecht verteilt und nutzt.
Weltackerbauer Gerd Carlsson blickte gleich bei seiner ersten Ackerführung skeptisch auf die reale Welt. Überall schwinge der Unterton mit, man habe nicht genug. Der Blick auf den Weltacker zeigt: Wer mehr Ressourcen als von 2000 qm beansprucht, verkleinert anderen ihren Ressourcenanspruch.
Der Weltacker zeigt der städtischen Bevölkerung wie die Samen der einzelnen Kulturpflanzen aussehen, welche Nahrungspflanzen wie Yams es überhaupt gibt und wie viel Getreide für die Ernährung eines Schweines notwendig ist.
Die Chancen stehen gut, dass nach der IGA der Weltacker seine neue Heimat am Wuhleteich gefunden hat. Besuchen sollten sie das Fleckchen Erde zum Nachdenken aber schon während der IGA anschauen.
Lesestoff:
https://iga-berlin-2017.de/ Mit einem Extrateil über die Kolonie „Am Kienberg“
Roland Krieg; Fotos: roRo