Weltwasserforum 2012

Landwirtschaft

Weltwasserforum gegen die blaue Dauerkrise

Die vielfach geäußerte notwendige Steigerung der Agrarproduktion zur Sicherung der Welternährung setzt eines voraus: Wasser. Wenn die Ressource begrenzt ist lässt sich die Produktion nicht weiter steigern stellte vor zwei Jahren das Berliner Humboldt Forum für Ernährung und Landwirtschaft fest. Präsident Prof. Harald von Witzke: „Für eine nachhaltige Nutzung der knappen Ressource Wasser und zur Sicherung der Welt muss die Effizienz des Wassereinsatzes rasch und deutlich erhöht werden.“1)

Seit 1997 bietet das Weltwasserforum der internationalen Gemeinschaft alle drei Jahre Gelegenheit, sich über das kleine Wassermolekül auszutauschen. Die gute Nachricht vorweg: Der neueste Trinkwasser- und Abwasserbericht der Weltgesundheitsorganisation WHO2) besagt, dass Ende 2010 mit 6,1 Milliarden Menschen rund 89 Prozent Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten haben. Damit wurde das Millenniumentwicklungsziel von 88 Prozent bis zum Jahr 2015 fünf Jahre vor der Zeit erreicht. Die Abwasserentsorgung hingegen bleibt hinter dem Ziel von 75 Prozent mit einem gegenwärtigen Stand von 63 Prozent noch weit hinter dem Ziel zurück. Etwa 3.000 Kinder sterben noch immer täglich an unsauberem Wasser. Immer noch haben 780 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser, 330 Millionen davon leben in Afrika südlich der Sahara.

Weltwasserforum in Marseille

Aber nicht nur der WHO-Bericht wird Thema des 6. Weltwasserforums sein, das heute in Marseille beginnt und bis Freitag andauern wird. Neben Trink- und Abwasser geht es um die Themen Wasserqualität, Ökosystemdienstleistungen, Wasserabdruck von Gütern und menschlichen Aktivitäten und Wasser in einer sich verstädternden Welt.
Mehr als 80 Minister werden in dieser Woche in Marseille erwartet. Die EU ist mit Umweltkommissar Janez Potocnik, Entwicklungskommissar Andris Piebalgs, Kommissarin Kristalina Georgieva für Internationale Zusammenarbeit und Klimakommissarin Connie Hedegaard vertreten. Das Forum in Marseille fällt mit dem 10-jährigen Jubiläum der Europäischen Wasserinitiative zusammen, die in Johannisburg im September 2002 auf dem Weltnachhaltigkeitsgipfel gegründet wurde. In diesem Rahmen wurden mehr als 32 Millionen Europäer an eine ordentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen und 9,5 Millionen erhielten eine Abwasserentsorgung.


Warnung vor globalen Wasserkrisen

Zum Weltwasserforum hat der WWF eine Weltkarte über aktuelle Wasserkrisen und Nutzungskonflikte herausgebracht. Sie werden sich nach Martin Geiger, Leiter des Bereiches Süßwassers beim WWF, verschärfen, weil die steigende Nachfrage nach Energie, Nahrung und sauberem Wasser die Ressourcen zusätzlich belasten wird. Daher müsse das Wasserforum vor dem Rio +20-Gipfel im Juni endlich konkret werden: „Es mangelte dem Weltwasserforum in der Vergangenheit leider an Verbindlichkeiten“, so Geiger. Für den Riogipfel müsse Ende der Woche eine klare Beschlussgrundlage stehen.
Geiger weist darauf hin, dass vor allem die Mitteleuropäer sich nicht durch ihre Gunstlage täuschen lassen dürfen. Auch wenn sie derzeit keinen Mangel an Wasser ertragen müssen, bestehe die Gefahr eines „Kollaps der Landwirtschaft in Teilen des Mittelmeerraums und ein Ende des Tourismus in beliebten Urlaubsregionen“. Es drohe Landflucht in Südeuropa.
Gerade jetzt sind die Lebensmittelmärkte voll mit frühem Obst und Gemüse aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten. Damit importiere Deutschland Wasser, das in den Abauländern knapp ist. Jährlich importiere Deutschland über Nahrungsmittel und Industriegüter rund 106 Milliarden Kubikmeter Wasser.
In der letzten Woche war Wasser auch Thema im EU-Umweltausschuss, der eine stärkere Berücksichtigung des Wassers in der Landwirtschaft einforderte.3)


Eutrophierung

In Deutschland drängt noch ein anderes Thema. Für das Netzwerk Lebendige Seen in Deutschland im Global Nature Fond fließen noch immer zu viele Nähstoffe in die Gewässer, was vor allem stehende Gewässer sehr belaste.
Dem Netzwerk fehlen ausreichend große düngemittelfreie Streifen an den Uferzonen und forderte eine engere Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Wasserwirtschaft und Naturschützern. Das Netzwerk erinnerte an die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, die bis 2015 Grund- und Oberflächengewässer in einem guten ökologischen Zustand überführen will.
Das ist noch ein weiter Weg. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut hatte sich vor zwei Jahren den Wesereinzugsbereich einmal genau angeschaut. Die Weser fließt sowohl durch tierarme als auch tierstarke Regionen und ist außerdem durch den Bergbau belastet. Für die Gesamtregion wurde bis 2015 ein Stickstoffminderungsbedarf in Höhe von 32.000 Tonnen im Jahr berechnet, was nicht alleine durch Agrarumweltmaßnahmen erzielt werden könne, ohne den Landwirten deutliche wirtschaftliche Einbußen zu bescheren, so die Studie.

Lesestoff:

1) Wasserarm und wassereich, blaues und grünes Wasser: Herd-und-Hof.de zum Weltwassertag 2010

2) Progress on Drinking Water and Sanitation 2012; Gemeinsamer Bericht der WHO und UNICEF: www.who.int/water_sanitation_health/publications/2012/jmp_report/en/index.html

Alles zum Forum: www.worldwaterforum6.org

EU Wasser Initiative: www.euwi.net

3) EU-Umweltausschuss zum Thema Wasser

vTI-Studie: Handlungsbedarf an der Weser

Brandenburg will ein Wasserbuch einführen, um die Ressource in knappen Zeiten gerecht zu verteilen

Roland Krieg; Grafiken: World Water Form; WWF

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