Wenig Hoffnung für Schweinehalter
Landwirtschaft
Lohnt sich das Warten auf die neue Regierung?
Schlachtpreise von 1,25 Euro je Kilogramm und Ferkel, die für 22 Euro zu haben sind. Die Marktaussichten für Schweinehalter sind schlecht. „Unterirdisch“ sei die Stimmung, wie Hubertus Beringmeier, Vorsitzender des Fachausschusses Schwein im Deutschen Bauernverband (DBV), am Mittwochabend sagte. Carina Konrad von der FDP bezeichnete die Stimmung bereits als „verzweifelt“. Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, konnte das Ausmaß auch beziffern. Von 8.900 Sauenhaltern im März 2020 gab es diesen Mai nur noch 6.500. Mehr als ein Viertel der Betriebe hat aufgegeben.
Das Ausmaß ist der Politik bekannt. Auch die Gründe: Afrikanische Schweinepest, der Wegfall Chinas als Exportmarkt und immer mehr Schweine aus Spanien, die das Angebot über das Nachfrageniveau erhöhen. Der Preis spiegelt lediglich die Marktsituation ab. An Investitionen in neue Ställe jedweder höheren Tierwohlstufe sind nicht möglich – auch weil die Politik keine Vorgabe machen kann, welcher Stall Zukunft hat.
Der DBV hat am Mittwoch die Lücke im Wahlkampf geschlossen und mit den Parteien über die Zukunft der Tierhaltung diskutiert, die für eine Koalition in Frage kommen. Die Wahl findet zwar bereits am kommenden Sonntag statt, wann aber die Regierungskoalition steht und aus welchen Farben sie sich zusammensetzt, ist völlig unklar.
Das einzig Positive ist das überparteiliche Bekenntnis zum Borchert-Plan, an dem auch in der Sommerpause weitergearbeitet wurde. Allerdings hat der Borchert-Plan Lücken. Außer für einen Teil der Schweinehaltung sind keine Haltungskriterien für Rind und Geflügel vorhanden. Daher kam es nach Susanne Mittag, Tierschutzpolitische Sprecherin der SPD, auch nicht mehr zu einer Abstimmung zum Ende der Legislaturperiode. Erst, wenn die Kriterien fest stehen, und damit konkrete Stallbauten offenbar werden, könne nach Mittag über Baurecht und Emissionsschutz abgestimmt werden. Sie hofft, dass die Kriterien bis Ende 2021 feststehen und von der neuen Regierung 2022 abgestimmt werden können.
Doch auch das scheint nicht zu reichen. Nach Artur Auernhammer von der CSU ist die Berliner Normenkontrollklage gegen den Kastenstand, das Ding der Unmöglichkeit und gibt Landwirten keine Planungssicherheit. Rechtssicherheit wird es nach Albert Stegemann aber nicht geben. Der Agrarpolitiker der Union kann künftige Klagen je nach gesellschaftlicher Lage nicht ausschließen.
Der Staat muss helfen
Susanne Mittag plädiert weiterhin für ein staatliches Herkunftslabel, das allerdings als Plan im Bundeslandwirtschaftsministerium gerade erst gescheitert ist. Mittag beklagt, dass alle vorliegenden Label private des Lebensmittelhandels sind, der sich gerade auf den Weg macht, die ersten beiden Stufen zu streichen. Und damit auch die Haltung der Brancheninitiative Tierwohl, die für Beringmeier bislang ein Erfolgsmodell ist, das künftig auch für die Rindermast und Milchviehhaltung gelten soll.
Für Ostendorff hat nur die Stufe 3 eine Zukunft. Doch wie sich die Investitionen refinanzieren, bleibt unklar. Die vorliegenden Möglichkeiten sind eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch (Grüne), eine Fleisch-Umlage (CSU) oder ein staatlicher Fonds (Ostendorff). Hier fehle es an politischer Entscheidung, die wohl aber auch bis zum Jahresende nicht erfolgen wird. Konrad gibt zu bedenken, dass Steuergelder nicht zweckgebunden erhoben werden dürfen. Bei allen Modellen sei nicht klar, ob das Geld auch bei den Landwirten ankomme. Dann aber verliere Deutschland die Stufe 1. Die Ferkel und Mastschweine werden dann im Ausland erzeugt.
Flächenbindung
Der aus dem Bundestag scheidende Ostendorff und Susanne Mittag sprechen sich für eine Flächenbindung der Tierhaltung aus. Auernhammer will nicht an starren Obergrenzen festhalten, weil regional auch mehr als die gedachten zwei Großvieheinheiten gehalten werden können. Zusammen mit Stegemann ist er überzeugt, dass die Düngeverordnung das Thema Flächenbindung von selbst regelt. Denn, so Stegemann: Dort wo es bislang keine Tierhaltung gibt, entstehe keine Akzeptanz und wo es sie auch in intensiver Form gibt, sei die Akzeptanz bereits vorhanden.
Roland Krieg
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