Weniger Fleisch hilft der ganzen Welt
Landwirtschaft
Effekte eines eingeschränkten Fleischkonsums
Eine Aktuelle Studie der Universitäten Göttingen und Hohenheim beziffert das Potential und die Auswirkungen von eingeschränktem Fleischkonsum in Industrieländern. Demnach hätten bereits 20 Prozent weniger Fleischkonsum in den Industrieländern spürbare Auswirkungen auf Agrarpreise und die Ernährungssicherung armer Menschen in Entwicklungsländern. Rund 60 Prozent der Deutschen wären zu einer Einschränkung ihres Fleischkonsums bereit. Ihre Motivations-Faktoren sind hauptsächlich Überlegungen zur eigenen Gesundheit und zum Tierschutz. Tatsächlich wäre der reduzierte Fleischkonsum in Industrieländer auch für Ressourcenschutz, Klimawandel und die Sicherung der Welternährung vorteilhaft, so die Autoren der Studie, die im Auftrag der Edmund Rehwinkel-Stiftung durchgeführt wurde.
Weniger ist mehr
„Eine Verringerung des Fleischkonsums in Industrieländern
um 20 Prozent würde zu einer spürbaren Verbesserung der Ernährungssituation in
Entwicklungsländern führen“, so fasst Prof. Dr. Harald Grethe von der
Universität Hohenheim die Kernaussage der aktuellen Studie zum Fleischkonsum
zusammen.
Erstellt wurde sie von einem interdisziplinären
Forscherteam der Universitäten Hohenheim (Lehrstuhl für Agrar- und
Ernährungspolitik) und Göttingen (Lehrstuhl Marketing für Lebensmittel und
Agrarprodukte, Prof. Dr. Achim Spiller) im Auftrag der Edmund
Rehwinkel-Stiftung. Dabei nutzten die Forscher erstmals die umfangreichen
Ernährungsdaten der Bevölkerung Deutschlands aus der Nationalen Verzehrsstudie
II und verwendeten sie für eine komplexe Computersimulation, um die
Auswirkungen eines reduzierten Fleischverzehrs zu berechnen.
Fast jeder Dritte würde einschränken
„Aus den Daten lässt sich herausarbeiten, dass knapp 60
Prozent der Bevölkerung eine Bereitschaft zeigt, ihren Fleischkonsum
längerfristig einzuschränken“, so Prof. Dr. Spiller. „Dabei handelt es sich um
Personen, die ein größeres Bewusstsein für die problematischen
Begleiterscheinungen eines hohen Fleischkonsums zeigen.“
Den größten Einfluss auf die Höhe des Fleischkonsums
habe die Bewertung des Gesundheitswertes von Fleisch und Fleischprodukten:
„Personen, die Fleisch als ungesund einschätzen, essen bereits jetzt weniger
Fleisch und sind auch eher bereit den Konsum noch weiter zu reduzieren“.
Etwas abgeschwächt träfe dies auch auf die Einstellung
zum Tierschutz zu. Insgesamt halten die Forscher eine mengenmäßige Reduktion
des Fleischverzehrs von rund 20 % für plausibel – unter der Voraussetzung, dass
effektive Informations- und Gesundheitskampagnen stattfinden.
Überraschung: Fleischarme Lebensweise spart Kalorien
Dabei untersuchten die Wissenschaftler auch, welche
Auswirkungen eine solche Verringerung des Fleischverzehrs auf den Konsum
weiterer Lebensmittel hat. Überraschenderweise zeigte sich, dass bei einem verringerten
Konsum von Fleisch auch viele andere Lebensmittel in geringerem Maß verzehrt
werden.
„Menschen, die sich für eine fleischarme Lebensweise
entscheiden, ernähren sich oftmals insgesamt kalorienärmer“, sagt Prof. Dr.
Spiller. Beispielsweise ginge eine Verringerung der Fleischnachfrage um 20 Prozent
gleichzeitig mit einem Rückgang der Milchnachfrage um sechs Prozent und einem Rückgang
der Kartoffel- und Weizennachfrage um zwei Prozent einher.
Verringerter Fleischkonsum senkt Lebensmittelpreise weltweit
In einem zweiten Schritt berechneten die Forscher
anhand eines Computermodells, welche Auswirkungen der reduzierte Fleischkonsum
in reichen Ländern auf die Ernährungssituation armer Länder hätte. Dabei nahmen
sie stark vereinfachend an, dass sich die Umfrageergebnisse aus Deutschland auf
die anderen Industrieländer übertragen lassen.
„Die Ergebnisse der Modellanalyse zeigen, dass sich ein
Rückgang des Fleischkonsums spürbar auf die globalen Preise für Nahrungsmittel auswirkt.
Von diesen Preisänderungen könnten insbesondere ärmere Bevölkerungsschichten in
Entwicklungsländern profitieren, die einen überproportional großen Anteil ihres
Einkommens für Lebensmittel ausgeben“, fasst Prof. Dr. Grethe zusammen.
Trotz Anpassungseffekten: Bilanz für Welternährung
bleibt positiv Allerdings gäbe es auch eine Reihe von Anpassungseffekten, die
die positiven Auswirkungen eines geringeren Fleischkonsums in Industrieländern wieder
einschränkten. „Wenn Fleisch durch den Nachfragerückgang in den Industrieländern
günstiger wird, essen Verbraucher in den Entwicklungsländern durch die
niedrigeren Preise mehr Fleisch“, nennt Prof. Dr. Grethe als Beispiel. Dies
kompensiere insgesamt rund die Hälfte des positiven Effektes.
Insgesamt seien Auswirkungen aber dennoch positiv:„In
der Summe ergeben sich aber immerhin noch globale Preisrückgänge für Fleisch
von etwa neun Prozent und Rückgänge der Getreidepreise von bis zu drei Prozent“, so
Prof. Dr. Grethe.
Positive Effekte auch für die Industrieländer
„Letztendlich ist eine Verminderung unseres Fleischkonsums neben den Auswirkungen auf die globale Ernährungssituation mit zahlreichen weiteren positiven Effekten verbunden“, ist Prof. Dr. Spiller überzeugt. So würde eine Absenkung des Fleischkonsums in den Industrieländern nach dem derzeitigen Stand der Ernährungsforschung per se positive Gesundheitseffekte bewirken. „Hinzu kommen die positiven Einkommenseffekte für die Konsumenten in Deutschland, eine Schonung der natürlichen Ressourcen und eine beachtliche Verminderung des CO2-Ausstoßes.“ Langfristig sei das Konsumverhalten in den Industrieländern außerdem Lebensstil-prägend für Schwellen- und Entwicklungsländer und könne auch dort zu einer Veränderung des Ernährungsverhaltens beitragen.
Lesestoff:
Den kompletten Bericht finden Sie auf der Internetseite der Landwirtschaftlichen Rentenbank: www.rentenbank.de -> Schriftenreihe Band 29
Florian Klebs (Universität Hohenheim) / roRo