„Weniger Rinder“ wirkt stärker als CO2-Reduktion
Landwirtschaft
Wiederkäuer können entscheidend zum Klimaschutz beitragen
Natürlich ist die Kuh kein Klimakiller. Gegen das negative Image wenden sich die Bauern zu Recht. Aber im Zusammenhang mit Klimawandel und Klimapolitik stehen die Wiederkäuer schon. Das schreiben William Ripple, Forstwissenschaftler von der Oregon University und Autoren aus Schottland, Australien und der Alpen-Adria-Universität in einem gemeinsamen Kommentar im Fachmagazin Nature Climate Change, nachdem sie zahlreiche Quellen zum Thema analysiert haben.
Hintergrund ist die Beobachtung, dass die Reduktion von Kohlendioxid alleine nicht ausreicht um „die klimatische Schwelle nicht zu überqueren“, so Ripple.
Das weltweit zweitwichtigste Treibhausgas ist Methan, das nicht nur aus der Nutzung fossiler Brennstoffe, sondern auch durch die Nutzung von Wiederkäuern, wie Rind, Schaf und Ziegen sowie Büffel entsteht. Methan entsteht in deren Mägen. Pro Kilo Lebensmittel ist die Emission beim Rind zwischen 19 und 48 Mal höher als bei proteinreichen pflanzlichen Lebensmitteln wie Bohnen, Getreide oder Soja.
Im Schluss kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass eine Reduzierung der Methanemission wirksamer sei als die Fokussierung auf eine Reduzierung des Kohlendioxids. Wiederkäuer haben in den letzten Dekaden die Welt verändert: In den vergangenen 50 Jahren ist ihre Zahl um 50 Prozent auf 3,6 Milliarden Rinder angestiegen. Mehr als ein Viertel der Landfläche wird als Weideland genutzt und ein Drittel des Ackerlandes wird für den Anbau von Futterpflanzen in Anspruch genommen.
Wird die Zahl der wiederkäuenden Tiere reduziert, verringern sich nicht nur die direkten Methanemissionen, sondern auch die Treibhausgase, die beim Anbau von Futterpflanzen entstehen, folgern die Autoren.
„Die Nachfrage nach Fleischprodukten zu senken, würde helfen, beträchtliche Treibhausgasreduktionen in naher Zukunft zu erzielen“, betont Co-Autor Helmut Haberl, der am Institut für Soziale Ökologie an der Alpen-Adria-Universität forscht. „Eine sinkende Nachfrage nach Fleisch von Wiederkäuern biete mehr Potenzial, Treibhausgase zu minimieren, als zum Beispiel die Fütterung bei Nutztieren oder den Ernteertrag pro Feld effizienter zu machen.“ Die Kombination Methan zu reduzieren und die Nachfrage nach Fleisch zu verringern sei die beste. Wenngleich Haberl auch weiß: Die Nachfrage zu verändern, stellt eine beachtliche politische Herausforderung dar.“
Dabei geht es nicht nur um das Fleisch allein. Für Pete Smith, Co-Autor aus Schottland, sieht ergänzende Vorteile durch eine höhere Nahrungssicherheit, bei Gesundheit und Umweltschutz.
Der Weltklimarat sollte diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit widmen. In der Diskussion um ein neues Kyoto-Protokoll beschäftigen sich die Entwicklungsländer, die zu den am schnellsten wachsenden Nutztierproduzenten zählen, gar nicht.
Lesestoff:
Ripple W et al: Ruminants, climate change and climate policy in Nature Climate Change 4, 2-5 (2014) doi:10.1038/nclimate2081
Die Leibniz-Gesellschaft beschäftigte sich erst Anfang Dezember mit der Zukunft einer nachhaltigen Proteinversorgung für die Menschen
Roland Krieg