Wenn Bienen frieren
Landwirtschaft
Mit hoher Temperatur die Varroamilbe auf Abstand halten

Wenn es im Winter draußen kalt wird, kuschelt man sich gerne zusammen. Bei Bienen ist dieser Mechanismus überlebenswichtig: Sie lagern sich im Zentrum des Bienenstocks zusammen. Eine funktionierende Temperaturregulierung innerhalb des Stocks ist auch über das ganze Jahr von entscheidender Bedeutung, sowohl für die Brut als auch zur Bekämpfung der sogenannten Varroamilbe. Prof. Katharina Landfester und Dr. Stanislav Balouchev Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) arbeiten in einem Projekt an der Messung der Temperaturverteilung in einem Bienenstock. Ziel: Sie auch aktiv zu beeinflussen.
Kuscheln gegen die Varroamilbe
Ein Bienenstock ist ein komplexes Ökosystem – nicht jede Biene kann für sich betrachtet werden, sondern die Ansammlung aller Bienen kann als ein einzigartiger und riesiger Superorganismus gesehen werden, der lebt und arbeitet – jedoch auch krank werden kann. Als der bedeutsamste Bienenschädling weltweit gilt die sogenannte „Varroamilbe“, die die Bienenkrankheit „Varrose“ auslöst. Larven werden geschädigt, wodurch die schlüpfenden Bienen ca. ein Zehntel kleiner werden als gesunde Bienen. „Nach ca. 18 Monaten nach dem ersten Befall ist ein Bienenstock tot, wenn nichts dagegen unternommen wird“, so Dr. Stanislav Balouchev vom MPI-P.
Zu einer der wichtigsten Waffen der Bienen im Kampf gegen die Krankheit zählt die erhöhte Temperatur, die Bienen in ihrem Bienenstock erzeugen können. Bienen können sich mit ihrer Brust auf eine Wabe pressen und durch Bewegung der Brustmuskeln die Temperatur innerhalb der Wabe soweit erhöhen, dass die Milbe sich deutlich weniger vermehrt und der Bestand in kurzer Zeit abstirbt. Zudem können befallene Bienen chemische Warnsignale aussenden, die dafür sorgen, dass andere Bienen ihr Hygiene-Verfahren ändern und sich an der befallenen Biene kratzen, um die Milbe so abschütteln.
Nektar als Energiequelle
Beide Methoden – entweder durch Temperaturerhöhung oder durch mechanisches Abkratzen der Milbe – erfordern jedoch genügend Energie, welche Bienen aus dem wertvollen Vorrat an Honig ziehen müssen. „Dort, wo es genug Blüten und damit Nektar gibt, zum Beispiel in Süd-Ost Asien, woher die Varroamilbe ursprünglich stammt, müssen diese Ost-Bienen (Apis cerana) keine Energie sparen“, erklärt Stanislav Balouchev. „In unserer Region dagegen ist für die heimischen West-Bienen (Apis mellifera) der Nektar jedoch ein kostbares Gut, und Bienen haben nicht unendlich viel Energie übrig, um gegen die Varroose zu kämpfen.“
„Wir wollen die optimale Temperaturverteilung in drei Dimensionen messen“, erklärt Prof. Landfester das neue Projekt. „Die mittlere Temperatur, wie man sie z. B. mit Thermometern erhält, nützt uns in diesem Falle nichts – wir wollen anhand der dreidimensionalen Temperaturverteilung erkennen, ob ein Bienenstock noch gesund ist oder in einzelnen Waben bereits befallen ist.“
Sensoren für den Bienenstock
Neue Miniatur-Temperatursensoren sollen die Anforderungen für den Einsatz erfüllen. Sie müssen diese die Genauigkeit der Temperaturmessung von mehr als 0,1 °C erlauben. Zudem muss die Messvorrichtung von den Bienen akzeptiert werden: Die Sensoren dürfen buchstäblich nicht „riechen“.
„Wir planen, die Sensoren so zu entwickeln, dass wir sie je nach Bedarf mit einem 3D-Drucker selbst drucken können und so die Temperatur in jeder einzelnen Bienenwabe messen können“, sagt Katharina Landfester. „Sollten wir Abweichungen von der optimalen Temperaturverteilung feststellen, wird ein nächster Schritt sein, eine aktive Temperaturregulierung zu entwickeln, die es erlaubt, punktuell im Bienenstock die Temperatur anzuheben.“
roRo; Foto: MPI-P Bienen