Wenn China hustet...

Landwirtschaft

China: Kein Privateigentum, Bio keine Option

>Es gibt kaum ein Weltthema, das ohne China auskommt, meint Dr. Rainer Grandke , Hauptgeschäftsführer der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft zu Beginn des China-Forums auf der Grünen Woche. Das Thema Welternährung kommt in der Tat nicht ohne China aus. Wenn die Chinesen ein Prozent weniger Getreide ernten, dann müssen sie zur Ernährung ihrer Bevölkerung fünf Millionen Tonnen Getreide importieren. Das ist etwa ein Fünftel des Weltlagerbestandes. Das hat deutliche Auswirkungen auf die Weltmärkte und die Welternährung, betont Chinas Vizeminister für Landwirtschaft Chen Xiaohua. Zur Steigerung und Sicherung der eigenen Produktion baut China weiterhin auf die Hilfe Deutschlands. Seit Beginn der 1980er Jahre führt Deutschland nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums zwischen 40 und 50 Projekte im Reich der Mitte durch. In diesem Jahr soll auf dem Demonstrationsbetrieb, der vorwiegend Einführung von Agrartechnik dient, die erste Ernte einfahren.

Chinas großer Plan
China hat die Produktion von Agrarrohstoffen seit den 1980er Jahren von 304 auf 501 Millionen Tonnen erhöht. Viele Bauern wurden zu Industriearbeitern und das Betriebseinkommen hat sich von 134 auf 4.170 Yuan im Jahr erhöht. Trotzdem hat China Probleme, die der Regierung wohl bekannt sind. Der Rahmen für Verbesserungen bleibt jedoch begrenzt, verdeutlicht Chen. Land bleibt im staatlichen und kollektiven Besitz. Die Bauern zwar aber langfristig die Möglichkeit Land für eine private Wirtschaft zu pachten, was sie auch verkaufen und vererben können. In welcher Form dort aber gewirtschaftet wird, so Chen bestimmt weiterhin das Kollektiv. An diesem Modell wird sich zukünftig nichts ändern.
Ein großes Problem bleibt die Zahl der Menschen. Rund 500 Millionen Chinesen leben auf dem Land, nach Angaben Chens 200 Millionen zu viel. Für die müssen außerhalb der Landwirtschaft Arbeitsplätze geschaffen werden, damit sie nicht in die Städte wandern. Die Menschen zu ernähren bleibt eine große Aufgabe und Chinas Regierung kann sich den Ökolandbau nur als Ergänzung vorstellen, nicht als generelle Lösung.
Daher will China die Produktivität erhöhen. Moderne Technik und Anbaumethoden sollen die Ernährung in China sicher stellen, damit auch die Weltmärkte stabil bleiben, so Chen. China hat nur 40 Prozent des Weltdurchschnitts der Wasserreserven pro Kopf und Jahr zur Verfügung. Große Projekte leiten Wasser aus dem Norden in den Süden um. Weil das Wasser so knapp und teuer ist, wird es derzeit nicht für die Landwirtschaft verwendet. Nur die Nachfrage aus der Stadt kann sich die knappe Ressource leisten.
Die westliche Industrie springt auf den Zug auf. Dr. Hans Theo Jachmann, Geschäftsführer der Syngenta Agro GmbH berichtet, dass seine Firma in diesem Jahr alleine für die Züchtungsforschung 65 Millionen Euro ausgibt. Als Ausweg für knappe Ressourcen, geringe Erträge und einer wachsenden Stadtbevölkerung sieht er nur die Steigerung der Effizienz als Ausweg. „Go East“ ist derzeit die Devise der Agroindustrie, denn dort könne man die Dinge erforschen die in Europa kritisiert werden. Syngenta ist in China der größte Hersteller von Pflanzenschutzmitteln und hat bisher rund 200 Millionen US-Dollar Investitionen realisiert.
Die Intensivierung der Agrarproduktion ist bei der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit nicht ungeteilt. Ein Vertreter der gtz aus China gab an, dass so viel Dünger und Pflanzenschutz verwendet werde, dass die Reduzierung um die Hälfte, die Erträge verbessert habe.

Lebensmittelqualität: Mehr Kontrolle
Die schiere Größe der chinesischen Wirtschaft schlägt sich auch auf die Lebensmittelqualität nieder. Melamin ist dabei nur ein mediales Beispiel. Wenn ein Ketchup-Hersteller seine Produktion vergrößern will, dann muss er seine Lieferantenzahl von 200.000 auf 300.000 erhöhen. Solche Geschäftserweiterungen sind kaum wirklich zu kontrollieren, sagt Dr. Kristian Möller, Geschäftsführer von GlobalGap. Der Lebensmitteleinzelhandel wie die Metro hat begonnen das europäische Sicherungssystem vom Acker bis zum Teller einzuführen und funktioniere bei den Exportprodukten. Expertenschulungen haben nur Erfolg, wenn sie vor Ort eingebunden sind und eine transparente Kette beginnen. Knoblauch, Äpfel und Pilze werden mit einem Pflanzenpass versehen, damit die Händler sehen können, mit welchen Pflanzenschutzmitteln sie behandelt wurden. Seit 2005 gibt es mit ChinaGap ein eigenes Zertifizierungssytem, welches Stück um Stück um weitere Erzeugnisse erweitert wird. Dabei sorgt der Staat nur für die Rahmenbedingungen, die Verträge mit den Produktionsparametern werden zwischen Handel und Verarbeiter privatwirtschaftlich ausgehandelt. Zwischen Agrarindustrie und Ökoanbau bietet sich den Konferenzteilnehmern auch der integrierte Anbau als Option an, 1,3 Milliarden Chinesen mit ändernden Verzehrsgewohnheiten zu ernähren.

roRo

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