Wenn die Gämsen wählen könnten…

Landwirtschaft

Die Gämse ist eine echte Europäerin

Gams

Sonntag ist Europawahl. Die Gämse geht zwar nicht zur Wahl, aber sie ist als Bewohnerin des Alpenraumes eine echte Europäerin und betroffen von europäischer Naturschutzpolitik. Für die Deutsche Wildtierstiftung ist der Umgang mit den Gämsen „wildfeindlich“, schreibt der Verband am Montag. Das zeige sich in dem Grundsatz „Wald vor Wild“, in der Aufhebung der Schonzeit in umfangreichen Gebieten und einem zu hohen Abschuss in der mittleren Altersklasse.

Die Alpen-Gämse (Rupicapra rupicapra rupicapra) ist eine in Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Norditalien, Frankreich, Slowenien und Deutschland verbreitete Unterart des Gamswildes. Ihr Lebensraum sind vor allem die Berg- und Steillagen der Alpen und angrenzende Berge. Die Art ist im Anhang V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Gemeinschaft (92/43/EWG) gelistet. Diese Richtlinie zielt darauf ab, die „Bewahrung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes“ von Tier- und Pflanzenarten „von gemeinschaftlichem Interesse“ sicherzustellen. Die Ansichten gehen beim Thema Schutzwaldsanierung auseinander. Auf den meist Freiflächen in lichten Waldstrukturen wird Schutzwald gegen Lawinen als Objekt- und Hochwasserschutz angelegt. Allein in Oberbayern ist das auf rund 30.000 Hektar der Fall. In diesen Sanierungsgebieten ist die Schonzeit  für Gams-, Rot- und Rehwild aufgehoben. Die Wildtierstiftung fordert eine kritische Prüfung der Gebiet und hat auf ihrer Webseite Beispiele für Widersprüche aufgezählt.

Wie andere Alpenländer mit der Gams umgehen will die Wildtierstiftung gemeinsam mit dem Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) in einer Studie herausfinden.

Beim großen „Krucken-Vergleich“ stehen die „Gams-Länder“ auf dem Prüfstand. „Im Rahmen unserer Studie werden die räumliche Verteilung und die Populationsgrößen der Gams in Europa ermittelt, Jagdmethoden, Umgang mit Schonzeiten und Jagdruhezonen aufgezeigt und vor allem die Art des Monitorings analysiert“, sagt Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Auch die nach dem letzten sehr schneereichen Winter relevante Frage, ob und wie Fallwild bei den Abschussplänen berücksichtigt wird, soll behandelt werden. Das Ziel: ein umfassendes Bild zur „Gamspolitik“ in Europa. Die Gämse ist nach der Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie in der EU geschützt und darf nur dort bejagt werden, wo das Monitoring klar zeigt, dass dadurch diese faszinierende Bergwildart nicht gefährdet wird. „Uns interessiert, wie die einzelnen Länder den Erhaltungszustand der Gämse dokumentieren. Wir befürchten, dass Deutschland im Gams-Management europaweit das Schlusslicht bildet. Frankreich und Slowenien etwa scheinen da deutlich besser aufgestellt zu sein als wir“, so Münchhausen.

Ein besserer Umgang mit Wildtieren wie der Gams wäre im Übrigen auch im Sinne der bayerischen Bürger: In einer kürzlich durgeführten Umfrage der Deutschen Wildtier Stiftung in Bayern lehnten immerhin 55 Prozent von ihnen den in Bayern gesetzlich verankerten Grundsatz „Wald vor Wild“ ab.

Lesestoff:

https://www.deutschewildtierstiftung.de/aktuelles/schutzwaldsanierung-gams

roRo; Foto: piclease – Wolfgang Schruf AT

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