Wer finanziert die Tierhaltung?

Landwirtschaft

Wer hat so viel Pinke-Pinke?

Im kölschen Karnevalslied von Jupp Schmitz „Wer soll das Bezahlen“ lacht und singt der Gast, bestellt nach, zahlt aber nicht. „Wer soll das Bezahlen, wer hat so viel Geld“, fragt der Wirt böse. Er könnte auch die ständigen Forderungen nach mehr Tierwohl meinen. Denn der Umbau kostet drei bis fünf Milliarden Euro im Jahr, doch niemand will das Geld dafür bereitstellen.

Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast sagte am Montag in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): „An der Ladenkasse, das wissen wir, wird es freiwillig nicht bezahlt. Da brauchen wir gar nicht drauf zu setzen.“ Bleiben die Landwirte also selbst auf den Kosten sitzen?

Im Etat der Bundesregierung steckt das Geld nicht. Im Mehrjährigen Finanzrahmen der EU auch nicht. Kann eine Steuer auf Fleisch, also das Heraufsetzen des Mehrwertsteuersatzes von den ermäßigten sieben auf 19 Prozent Abhilfe schaffen? Nein meinen die Experten, obwohl sie das Gegenteil sagen.

Beispielsweise der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Thomas Schröder. In der aktuellen Ausgabe von „Schrot & Korn“ vertritt er ein vehementes „Jein“ auf die Frage, nach einer Fleischsteuer. Tierhaltung kostet Geld, sagt er, möchte die Steuer aber lieber als „Verzehrsoli“ bezeichnen. Über die Umlage in einen Fördertopf könnten die Verbraucher mit wenigen Cent die Umbauten finanzieren. Sie müssten sowie für die Negativkosten hoher Nitratwerte aufkommen. Der Verzehrsoli allein reicht aber nicht – Effektiv wird es erst, wenn die Bürger weniger Fleisch essen und der Staat zum Ordnungsrecht bei der Tierhaltung greift.

Felix Prinz zu Löwenstein ist Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und meint an gleicher Stelle „Ja“, sagt aber gleichzeitig: „Nicht pauschal“. Eine Steuer oder Umlage mache teures Fleisch noch teurer und lenke den Verbrauch auf billigeres Fleisch. Das setze den Markt im Niedrigstandards-Sektor vermehrt unter Druck und wirke kontraproduktiv. Sinnvoll sei die prinzipielle Debatte, wie Negativkosten in allen Marktbereichen internalisiert werden können. „Es geht ums Ganze!“

Also: Tierschutz und Öko sehen eine Steuer kritisch.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer lehnt Otte-Kinast ab. Sie schlägt eine „Sondersteuer“ vor. Sie glaubt nicht, dass das staatliche Tierwohlsiegel einen Durchbruch erlangt. Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Werner Schwarz ist skeptisch. Eine „Fleischsteuer gilt ihm als zu kurz gesprungen“ sagt der NOZ. Das Geld für bessere Tierhaltung müsse am Markt zusammenkommen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner glaubt an einen Mix aus staatlicher Förderung und Verbraucherwille. Artgerechte Tierställe gebe es nicht zum Nulltarif, betonte sie am Montag. Sie kosten Geld. „Dieses muss aber nicht automatisch aus zusätzlichen Steuern oder Steuererhöhungen kommen. Es kann durch Schwerpunktsetzungen erreicht werden.“

Klöckner verteidigt das geplante staatliche Tierwohlsiegel. Das soll wie das staatliche Bio-Siegel als Positivbewertung wirken. Auf den ersten Blick können Verbraucher erkennen, warum sie mehr Geld bezahlen müssen. In Dänemark hat das Tierwohlsiegel eine Marktdurchdringung von 20 Prozent erreicht. Reicht das? Was fehlt, können die Landwirte an staatlicher Förderung erhalten. Darüber hinaus soll die „Borchert-Kommission“, benannt nach dem letzten CDU-Agrarminister, weitere Finanzierungsmodelle entwickeln.

Die Initiative Tierwohl zeigt bereits im fünften Jahr, wie ein Umlagemodell vom Erzeuger bis zum Handel funktioniert.

Roland Krieg

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