Wertschöpfung auf dem Land
Landwirtschaft
Schaubuttern alleine reicht nicht
Ende letzter Woche bereiste Brandenburgs Agrarminister Dr. Dietmar Woidke den Naturpark Barnim und machte unter anderem Station auf dem Ökobetrieb Melchhof in Melchow. Dort hatten Bauern Gelegenheit, mit dem Minister zu diskutieren.
Förderung, was Arbeit bringt
Minimum 121 Millionen Euro wird das Land jährlich aus eigenen Mitteln aufbringen, um eine flächendeckende Landwirtschaft aufrecht zu erhalten. Aber, so Woidke, jedes Jahr werde es einen neuen Kampf darum geben. Das oberste Ziel ist die Schaffung von Arbeit und Sicherung von Wertschöpfung. Mit der Veredlungswirtschaft in der Tierproduktion will Brandenburg das Geld in der Region erwirtschaften und mit arbeitsintensiven Produktionen, wie dem Gemüsebau, sollen Arbeitskräfte auf dem Land belassen werden.
Jeder Betrieb müsse zwar individuell entscheiden, ob er in die Tierproduktion einsteigt, aber würden mehr Tiere gehalten, dann würden mehr Schlachthöfe gebaut und die Tiere müssten nicht so weit transportiert werden - so die Rechnung des Ministers.
Erstaunlicherweise hätten auch 30 Prozent der Brandenburger Betriebe keine Tierhaltung. So gebe es die Grünlandförderung in Höhe von 120 Euro je Hektar nur, wenn auch ein Tierbesatz auf der Fläche zu verzeichnen ist. Peter Lemke vom Ökohof Melchhof sieht die künftige Förderpolitik durch den Ministerbesuch positiver, als es die jüngsten Darstellungen in der Fachpresse vermuten ließen. Auch die kleinen Betriebe erhalten ihre Chancen, aber ob beispielsweise die Grünlandprämie ausbezahlt werde, wenn von der Fläche Heu für die Pferde des Nachbarbetriebes gewonnen wird, müsse man sich im Einzelnen erst noch anschauen, sagte Woidke.
Von den ursprünglich einmal in Brandenburg auf 900 Hektar Fläche geplanten gentechnisch veränderten Mais, sind aktuell nur noch 400 ha übrig geblieben: „Ich sehe nicht, dass es kurzfristig zu einem flächenhaften Problem kommen wird“, denn die landwirtschaftliche Fläche in Brandenburg beträgt insgesamt 1,3 Millionen Hektar. Allerdings konnte er der Furcht nicht wirklich entgegentreten, dass über nachwachsende Rohstoffe eine neuen Eintrittspforte für GVO-Pflanzen entstehe: „Da müsse man aufpassen.“
Wo bleibt die Wertschöpfung?
Von der Wertschöpfung im ländlichen Raum sprechen alle. Projekte gibt es zahllose, aber nur wenig kommt bei den Bauern an. Minister Woidke sagte, dass nur ein Prozent der Windenergieanlagen in Brandenburg von Brandenburgern finanziert wurde. Siegfried Mattner, Geschäftsführer der Agra GmbH Schmachtenhagen (Oberhavel Bauernmarkt) wurde sogar noch deutlicher: Man solle die Biogasanlagen nicht durch Ärztekonsortien finanzieren lassen, die nur auf Rendite der Anlage aus sind und das Geld aus der Region herausführen. So hat Brandenburg konventionelle Biogasanlagen auch nicht mehr im Förderprogramm, da sie sich bereits über den Strompreis finanzieren. Mit Blick auf den Energie-Cluster ENOB werde nur wirklich neues gefördert, bei dem auch lokales Handwerk und Universitäten teilnehmen.
Siegfried Mattner sieht die Erhaltung des ländlichen Raums nur über die Realisierung der Arbeitseinkommen. Er warnte, dass selbst heute noch Rucksackbauern nach Brandenburg kommen und mittlerweile auch beim Ökoroggen, nur noch zur Aussaat und Ernte hier sind. Es könne nicht sein, dass die Bauern bei Veranstaltungen nur noch für das Schaubuttern gut seien, aber das Catering von Fremdfirmen übernommen werde. Die Bauern hätten in der Gesellschaft nach der Wende deutlich an Akzeptanz verloren und Mattner appellierte dabei an die Vermarktungsorganisation pro agro, das zu ändern.
Was für die Region wichtig ist und umgesetzt werden müsste, sollten die Verantwortlichen vor Ort am Besten wissen, so Woidke. Die Regionen sollen sich gegenüber der Landesregierung positionieren. Allerdings wird das nicht so einfach sein, denn es gibt Gemeinden, die erfolgreicher sind als andere. Woran das liegt, untersucht Mecklenburg-Vorpommern zur Zeit in dem Projekt „Das soziale und aktive Dorf“.
Ökohof Melchhof
Einigen Berlinern ist der Ökohof Melchhof, auf dem das Treffen stattfand, durchaus bekannt. Es sind sogar zwei Höfe: Der Bioland Betrieb von Peter Lemke und die Demeter-Gärtnerei von Peter Sprinker, der Samstags mit Ständen auf den Märkten Winterfeldplatz und Kollwitzplatz und Donnerstags am Hackeschen Markt vertreten ist. Seit 1990 haben die beiden den Hof in Melchow an der B2 und liegen an der Ausflugsstraße nach Chorin. Nach der Wende hatten die beiden Land in der Nähe von Berlin gesucht und sind in Melchow fündig geworden. Sie sind im Dorf auch heimisch geworden. Vier alte Bauernwirtschaften in Melchow begannen zur 650-Jahr-Feier des Dorfes mit dem 4-Höfe-Fest, dass mittlerweile alle zwei Jahre im September begangen wird und das traditionelle Dorffest weiterführt, so Peter Lemke. Aus seiner Mutterschafhaltung zur Eigenversorgung wurde mittlerweile eine 40-köpfige Herde aus Merino-Landschafen, dem Rauwolligen Pommernschaf und dem schwarzköpfigen Rhönschaf. Auf den Böden mit mittleren Ackerzahlen um 24 Bodenpunkte sind die Tiere gut angepasst. Geschlachtet wird in Bad Freienwalde. Auf 100 Hektar Ackerland wird überwiegend Getreide angebaut – was aber die Zukunft bringt, ist noch ungewiss. Peter Lemke kann sich vorstellen, dass er die Veredlungswirtschaft ausbaut, wenn die Aussagen des Ministers eintreffen und dann die intensive Getreidefläche auf 40 Hektar reduziert.
Wer in Richtung Chorin noch in Melchow rechts in die Alte Dorfstraße abbiegt, der trifft nach etwa 200 Metern auf den Hofladen des Ökohofes Melchhof.
Roland Krieg