Wie Arten entstehen
Landwirtschaft
Neue Arten sind keine einfachen Abspaltungen
Im Jahr des Gregor Mendel hat das Institut in Österreich mit dem Namen des klösterlichen Wissenschaftlers die Artentstehung genauer unter die Lupe genommen und eine höhere Komplexität entdeckt, als bislang vermutet.
Arten sind der einfachste Baustein des biologischen Klassifikationssystems, der Taxonomie. Die Art ist als größte Gruppe von Organismen definiert, die fruchtbaren Nachwuchs erzeugen kann. Die nächst höhere Klassifizierung ist die Gattung mit der Beziehung einer engen Verwandtschaft. So umfasst die Gattung Canis sowohl Wölfe als auch Hunde. Canis lupus ist der Wolf, wobei lupus der Artname ist. Canis aureus ist der europäische Goldschakal.
Spannend ist die Frage wie Pflanzen und Tiere sich im Zeitlauf der Evolution voneinander zu unterscheiden beginnen. Was also eine Population dazu bewegt, sich von einer anderen zu unterscheiden. In der klassischen Betrachtung teilt sich die Population und entwickelt sich unabhängig voneinander weiter.
In dieser Woche hat ein Team um Magnus Nordborg vom Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie ein neues Modell der Artenbildung publiziert. Gegenstand ist die beliebte Laborpflanze Arabidopsis gewesen, bei der sämtliche Genome von 94 Individuen sequenziert wurden. Die Alle Individuen umfassen die 27 bekannten Arabidopsis-Arten aus Europa. Die Analyse lieferte Details aus der Artenentwicklung, die bei Arabidopsis vor sechs Millionen Jahren begann.
Am interessantesten ist, dass diese Arbeit zeigt, dass der Prozess der Artenbildung nicht als einfache Abspaltung passiert. Obwohl angenommen wird, dass sich Arabidopsis thaliana vor sechs Millionen Jahren von den anderen Arten getrennt hat, fanden die Forscher, dass die Art mehr genetische Variationen mit der Arabidopsis lyrata gemeinsam hat als mit anderen Arten. Das beweist, dass Arabidopsis thaliana und lyrata sich sehr viel später als vermutet nicht mehr gemeinsam reproduzierten und daher eigene Arten wurden.
Die Forscher konnten auch Gene identifizieren, die sich in dieser Zeit sehr wenig entwickelt haben. Sie identifizierten vier Gene, die in die Abwehr von Viren involviert sind und gemeinsame Varianten quer durch die gesamte Gattung aufweisen, was vermuten lässt, dass die Evolution diese genetische Variation beibehielt. Dann gingen die Forscher dazu über, genetische Variationen zu identifizieren, die für manche Arten einzigartig sind, da diese Variationen wichtig für die Artenentwicklung gewesen sein könnten.
In einer Art, die bekannt dafür ist in einer Umgebung mit hoher Schwermetall-Konzentration wachsen zu können, der Arabidopsis halleri, identifizierten die Forscher beispielsweise eine Variation in den Genen, die metallbindende Proteine verschlüsseln, was auf Selektion hinweist. Anhand dieser Gene lässt sich nun die Anhäufung von Schwermetallen in dieser Art weiter untersuchen. In der Arabidopsis lyrata, der Art mit der nördlichsten Verbreitung, wurden neuartige Varianten in Genen gefunden, die mit dem Tagesrhythmus der Pflanze zu tun haben – höchstwahrscheinlich wegen der drastischen Unterschiede in der Tageslänge im hohen Norden.
Hauptautorin Polina Novikova beschreibt die Zielsetzung der Fragestellung: Haben sich die Gene über die Arten zufällig verteilt, oder sind sie durch die Fähigkeit der Pflanzen entstanden, sich an bestimmte Umweltbedingungen anzupassen?
Lesestoff:
Polina Yu Novikova et al: Sequencing of the genus Arbidopsis identifies a complex history of nonbifurcating specification and abundant trans-specific polymorphism; nature genetics 18 July 2016 doi:10.1038/ng.3617
roRo