Wie „protektionistisch“ wird Trumps Politik?

Landwirtschaft

Trumps Rhetorik muss sich erst noch beweisen

Der in die USA zurückgehende US-Botschafter John B. Emerson hat in einem Radio-Interview mit dem rbb die Deutschen beruhigen wollen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein börsenorientiertes Unternehmen mit Verantwortung gegenüber seinen Aktionären eine solche Entscheidung trifft, nur weil ein Präsident vor seinem Amtsantritt im Wahlkampf gegen Freihandel Stimmung gemacht und vor Arbeitsplatzverlusten gewarnt hat.“ Emerson sagte das zwei Tage nachdem Ford seine Mexikopläne zurückgezogen und den Bau der Fabrik in den USA verkündet hatte. Im Gegensatz zu Emerson war der Twitterwelt klar, warum [1].

US-Farmer

Ist es wirklich so einfach? Am 20. Januar wird Trump vereidigt. Das Kabinett steht noch nicht ganz [2]. Die Realität ist komplexer als Ford. Die Umweltbehörde EPA soll „ausgeweidet“ werden. Ob sie einzelnen Bundesstaaten ganz auf Auflagen verzichten ist fraglich. Für die Landwirte muss das keine Entlastung bedeuten. Nur für den internationalen Handel sinken die Auflagen, prognostiziert das US-Institut for Trade and Policy (IATP). Die Kostenfalle der Landwirte wird auch bei Trump bestehen bleiben. Für ein bushel (etwa 25 kg) muss der amerikanische Getreidebauer rund 6,50 US-Dollar Kosten aufwenden. Er erhält derzeit aber nur 5,21 US-Dollar. Zum Ausgleich zahlen die USA im Jahr 2017 10,2 Milliarden US-Dollar für Stützungsprogramme und 5,5 Milliarden US-Dollar für Umweltausgleichsprogramme. Diese Steuergelder sind auch in den USA kritisch hinterfragt. Kann Trump sich in diesem Bereich wirklich weniger Staat und weniger Subventionen leisten, ohne die Farmer aufzufangen?

Rahmenbedingungen

2014 und 2015 haben die USA mit 2,4 und 2,6 Prozent ein Wachstum gezeigt, dass in der ersten Jahreshälfte 2016 auf ein Prozent gefallen ist. Zu 70 Prozent ist das amerikanische Wachstum konsumgetrieben, schreibt die WTO in ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht über die USA. Nach einem Konsumplus von 2,9, 3,2 und 3,0 Prozent in den entsprechenden Zeiträumen, konnte das Minus der Unternehmensinvestitionen das Fortschreiten des Wachstums nicht weiter stützen.

Erst Trumps Versprechen von Steuersenkungen und Deregulierungen haben in der zweiten Jahreshälfte ein leichtes Plus erzielt, beobachtet „germany trade & invest“ in seiner Winterprognose. Daher sollen 2017 auch wieder zwei Prozent Wachstum drin sein. Niedrige Energiepreise und steigende Löhne werden in diesem Jahr weiterhin zu steigendem Konsum verleiten. Ob aber das Handelsbilanzdefizit abgebaut werden kann, bleibt fraglich, denn ein starker Dollar macht Exporte aus der Euro-EU für andere Länder attraktiver.

Der Blick auf die Exportmärkte

Trump sorgt im Agrarbusiness für Sorgenfalten. Nicht zum ersten Mal unterstreicht der US-Getreiderat (U.S. Grains Council) zu Jahresbeginn den Export und fügt den Politikwechsel zu den Unsicherheiten des Jahres 2017 hinzu. 95 Prozent der Weltbevölkerung leben außerhalb der USA und sind ein wichtiger Marktpartner. 2014 hat der Export von Getreideprodukten mehr als 80 Milliarden US-Dollar erzielt und sichert mehr als 370.000 Arbeitsplätze. Der gesamt Agrarexport erzielte im letzten Wirtschaftsjahr 130 Milliarden US-Dollar und sichert mehr als eine Million Jobs. Über die Freihandelsabkommen sind 43 Prozent der US-Waren rausgegangen. Die WTO habe für einen freien Warenfluss gesorgt.

Der neue US-Präsident Donald Trump gilt der deutschen Agrarexportwirtschaft neben dem Brexit und Putins Embargo gegen europäische Lebensmittel als große Herausforderung für das neue Jahr, sagte Dr. Franz-Georg von Busse, Sprecher der German Export Association for Food and Agriproducts, im traditionellen Exportgespräch zur Grünen Woche. Vor dem Hintergrund neuer Rekordzahlen aus dem Jahr 2016 sagte er aber auch, dass die Agrarexporteure flexible sind. Das Embargo Russlands haben sie bis heute bereits weggesteckt. Zudem hat im letzten Jahr gegen Ende der Export nach China inklusive Hongkong die USA als wichtigsten Exportmarkt bei den Drittstaaten abgelöst. Ein bisschen bange ist lediglich der Deutschen Süßwarenindustrie, die mit 83.000 Tonnen ihren größten Teil in die USA verkauft.

„Wir haben immer Gegenwind“

In der Umweltagentur und im Energie- sowie Agrarministerium sammeln sich Ölmillionäre und Klimawandelskeptiker. Für NABU-Präsident Olaf Tschimpke sind das mindestens vier verlorene Jahre, sagte er „zwischen den Jahren“ zu Herd-und-Hof.de. Doch haben sich auf der Umweltkonferenz in Marrakesch andere Mitspieler wie China und Indien positioniert. Deren Umweltprobleme erzeugen einen „Problemdruck“ der zu Veränderungen führt. Aber so einfach werde Trump es auf dem heimischen Markt auch nicht haben. Kalifornien ist in der Umweltgesetzgebung ebenfalls weit vorn. Insofern blase die Politik des Postfaktischen den Umweltorganisationen den Wind immer ins Gesicht, aber Tschimpke zeigte sich optimistisch über den Fortgang der Umweltpolitik. Zur Bundestagswahl hat er eine große Agrarkampagne angekündigt, weil in diesem Jahr die Diskussion über die Gemeinsame Agrarpolitik der EU beginnt.

Der Regenmacher im USDA

Trump hat sich bis zuletzt die Besetzung des Agrarministeriums offen gelassen. Lange Zeit gab es kaum neue Gerüchte um die Besetzung. Als wenn Trump der Agrarsektor unwichtig sei. Dann plötzlich nominierte er Sonny Perdue, einen 70 Jahre alten gelernten Demokraten, der 1998 zu den Republikanern wechselte. Vor Trump unterstützte er zwei andere Republikaner im Wahlkampf. Das Wechselspiel hat sich gelohnt. In einem ersten Statement bezeichnete Perdue die neue Aufgabe als reizvolle Chance, an der Entwicklung des ländlichen Raums mitzuarbeiten. Seit 1990 ist der Veterinär der erste Südstaatler im Amerikanischen Landwirtschaftsministerium. Die Wahl fiel möglicherweise auf ihn, weil Perdue zu Hause eine Farm und damit praktische Kenntnisse über das Ressort hat. Politisch gilt der frühere Governor Georgias als leeres Blatt. Nicht ganz: 2003 stand er unter Anklage, weil er ohne Pilotenlizenz einen Polizeihubschrauber der Georgia State Police geflogen haben soll. Auch im Jahr 2007 geriert er in die Medien. Im Dürrejahr 2007 ließ er in Atlanta für Regen beten. Die Washington Post berichtet, dass es einen Tag später tatsächlich geregnet habe.

Lesestoff:

[1] https://twitter.com/i/web/status/816320729415176192

[2] Energieminister Rick Perry; nominiert: Perry steht zwar auch auf der Liste, gilt aber als Gescheiterter. Er war einer der ersten Gegner Trumps, bis er sich dann doch auf seine Seite schlug. Bis 2015 war er Governor des Öl-Staates Texas. 2012 bewarb er sich schon einmal als Präsident und forderte die Abschaffung des Energieministeriums. In einer Debatte vergaß er es zu erwähnen und beendete seine Anwartschaft.

Leiter der Umweltbehörde EPA: Scott Pruitt; nominiert: Justizminister in Oklahoma. Damit geht Trump einen Schritt weiter, denn Pruitt, offensiver Fleischliebhaber, ist auch offensiver Gegner der EPA-Umweltpolitik. Er klagte gegen Obamas Clean Power Plan, die Emissionen aus den Kohlekraftwerken zu senken. Zur EPA hat er sich in einem Interview wie folgt geäußert: „Es gibt einige Luft- und Wasserprobleme über die Grenzen der Bundestaaten hinweg. Manchmal könnte eine zwischenstaatliche Lösung notwendig sein. Doch die EPA wurde nicht als oberster Regulierer für die Umwelt gegründet.“ Er überlässt die Regelungen damit den einzelnen Staaten. Seit 2011 hat Pruitt mehrere Klagen gegen die EPA eingereicht. Darunter gegen Regularien zur Senkung von Smog und Quecksilber-Emissionen. Während Ebell den Klimawandel noch versucht argumentativ zu entgegnen, lehnt Pruitt die Diskussion als Ganzes noch immer ab. Pruitt werden enge Verbindungen zur Öl- und Gasindustrie in Oklahoma nachgesagt. Er soll hinter einem Schreiben stecken, dass 2014 an die EPA adressiert war und die Analysen der Agentur zu Emissionen aus der Energieindustrie für weit überzogen hält.

Roland Krieg

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