Wie viel Erde braucht der Mensch?

Landwirtschaft

Energie aus Biomasse setzt Ökosystemen zu

Eine einzige Species eignet sich ein Viertel der jährlichen Biomasseproduktion grüner Pflanzen unserer Erde an; Der Mensch. Das zeigt eine Studie des Instituts für Soziale Ökologie der Universität Klagenfurt in Österreich, an der auch Mitarbeiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt waren.

Effektivität durch Intensivierung?
Die Produktion von Nahrungsmitteln, Holz und Bioenergie durch Land- und Forstwirtschaft spielt eine immer größere Rolle. Aber das Forscherteam um Dr. Helmut Haberl führt auch Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung an, die stärker in die Ökosysteme eingreifen.
Als Einwirkungsgrad auf die Biosphäre wird das Maß „human appropriation of net primary production“ (HANPP) herangezogen, die menschliche Aneignung von Nettoprimärproduktion (NPP).
Es wird von einer maximal möglichen NPP von 65,51 Pg pro Jahr ausgegangen, die von der aktuellen Vegetation zu 90 Prozent ausgeschöpft wird. Der Anteil des Menschen durch Ernte, Rodung von Wäldern und Landnutzung umfasst mit 16,6 Pg rund 23,8 Prozent. Werden nur die oberirdischen Pflanzenteile betrachtet, dann sind es sogar 28,8 Prozent Anteil an der Nettoprimärproduktion.
Landnutzung reduziert jedoch nicht zwingend die Nettoprimärproduktion der Pflanzen. Intensiv bewirtschaftetes Ackerland und Bewässerungswirtschaft können eine höhere Photosyntheserate aufweisen als die natürliche Vegetation.
Die Forscher haben Landkarten erstellt, auf denen die intensive Nutzung, also ein hohes HANPP zu verzeichnen ist. Beim Ackerbau und der Infrastruktur ist dieser Anteil mit 83 bzw. 73 Prozent am höchsten.
Auf Regionen berechnet ist der Anteil des HANPP in Zentralasien mit 12 Prozent beispielsweise gering, in Südostasien mit 63 Prozent am höchsten. Es folgen Ost- und Südosteuropa, wo die menschliche Aktivität am Kohlenstoffumsatz mit 53 Prozent ebenfalls einen hohen Anteil trägt.
HANPP wird von den Forschern als Effektivitätsmaß für die Bewirtschaftung einer Region. Auch Westeuropa hat mit 40 Prozent Anteil HANPP einen hohen Anteil an der Biosphärennutzung, doch resultiert nur sieben Prozent daraus aus der veränderten Landnutzung. Das könne an der hoch ertragsreichen und intensiven Bewirtschaftung liegen. Südosteuropa schneidet in der Bilanz mit seinen niedrigeren Erträgen schlechter ab. In Zentralasien, Russland und Afrika südlich der Sahara verursachen ebenfalls Produktivitätsverluste hohe HANPP-Anteile. Die Experten folgern daraus, dass eine intensivere Landbewirtschaftung, wie sie in den letzten 100 Jahren in Westeuropa stattgefunden hat, nicht zwingend mit einer höheren Aneignung der Nettoprimärenergie verbunden sein muss.

Energie durch Biomasse erhöht den Druck
Für die Analyse wurden Daten zu Landnutzung und Biomasse aus 161 Ländern und damit 97 Prozent der Erdoberfläche herangezogen. Der Eingriff in die Ökosysteme bleibt nicht ohne Folgen: „Damit schränkt die Menschheit die für alle anderen Arten verfügbare Nahrungsenergie immer stärker ein – mit unabsehbaren Folgen für die Biodiversität“, meint Haberl. So müsse auch die verstärkte Nutzung von Biomasse für die Energiegewinnung vorsichtig überdacht werden. Derzeit erntet der Mensch weltweit rund 8 Pg C/Jahr. Das entspricht einem kalorischem Wert von etwa 300 Exajoules (EJ), von denen etwa 35 bis 55 EJ für energetische Zwecke verwendet werden. Das Potenzial für Biomasse als nachwachsenden Rohstoff liegt noch einmal bei etwa 300 EJ, so dass die Realisierung eine Verdoppelung der geernteten Biomasse bedeuten würde. Ohne eine nachhaltige Produktion könne das Gleichgewicht in den Ökosystemen nicht gewährleistet werden.

Lesestoff:
Der Artikel ist online im PNAS erschienen:
Helmut Haberl, K. Heinz Erb, et al.: „Quantifying and mapping the human appropiation of net primary production in the Erarth´s terrestrial ecosystems”; www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0704243104

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