Wiesen von innen her mähen
Landwirtschaft
Wildtierschutz bei Wiesenmahd
Landwirtschaftsministerin Dr. Juliane Rumpf aus Schleswig-Holstein hat dazu aufgerufen, den so genannten ersten Schnitt auf den Wiesen und ähnliche Arbeiten unbedingt so auszuführen, dass dabei möglichst wenig Wildtiere zu Schaden kommen. „Bei den in Kürze anstehenden Mäharbeiten auf Wiesen, Wildäckern und EU-Brachen sollten Verluste durch alle bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel verhindert werden“, appellierte sie. Dies sei auch im Sinne des geltenden Tierschutzrechts.
Einfache Verhinderungsmaßnahmen
Die Landwirtschaftsministerin empfahl geeignete Verhinderungsmaßnahmen anzuwenden, die zudem relativ einfach seien. So solle der Landwirt den zuständigen Jagdausübungsberechtigten oder dessen Vertreter rechtzeitig vor dem Mähen benachrichtigen, damit dieser durch Absuchen und Anbringen von Wildscheuchen die Gefahr verringern könne. Selbst wenn das zeitlich nicht möglich sei, könne der Landwirt das Gebiet selbst kontrollieren und das gegebenenfalls vorgefundene Jungwild oder Gelege ausreichend weiträumig umfahren. Zusätzlich sollten geeignete „Wildretter“ an den Maschinen Verwendung finden, um den Schutz der Tiere zu erhöhen. „Mähverluste müssen nicht sein. Mit der konventionellen Mähmethode 'von außen nach innen' werden die Fluchtmöglichkeiten für Wildtiere aber bereits stark eingeschränkt. Auch schon eine einfache Veränderung der Fahr- und Arbeitstechnik hilft also, große Verluste bei den Wildtieren zu vermeiden“, sagte Rumpf. Schätzungen gehen von etwa 100.000 getöteten Rehkitzen im Jahr aus.
Rehe in der modernen Landwirtschaft
Die Rehgeiß setzt ihr Kitz im Frühjahr ins hohe Gras und sucht es nur zum Säugen auf. Mit dem gefleckten Fell ist es gut getarnt und vor Räubern gut geschützt, weil es keinen Eigengeruch hat. Instinktiv duckt es sich bei Gefahr ins Gras und wartet ab. Niemals würde es seine Deckung verlassen und über offenes Grasland flüchten.
In Handbetrieb kamen Mäher mit der Sense früher auf eine Leistung von einem Zehntel Hektar pro Stunde. Sie schritten langsam voran und die Kitze wurden vor dem Schnitt entdeckt oder konnten fliehen. Moderne Mähmaschinen kommen auf eine Leistung von über 20 Hektar in einer Stunde und haben einen Bremsweg von rund 15 Metern. Sollte der Fahrer ein Kitz aus seiner Kabine entdecken, wäre es bereits zu spät.
Die Empfehlung von innen nach außen zu mähen bietet dem Wild hohes Gras als Deckung, vor der nahenden Maschine zu fliehen.
Es gibt aber auch weitere Wildrettungsmethoden. Für das klassische Abgehen der Wiese haben die Landwirte keine Zeit und da fast überall ständig Menschen in der Nähe sind, verspricht das Ablaufen keinen zusätzlichen Effekt. Oft werden so genannte Wildscheuchen in Gebüsche oder Bäume gehängt. Die Rehgeiß soll dann das Kitz aus dem Feld führen. Das können raschelnde Plastiksäcke, Filzdepots mit Duftstoffen oder elektronische Geräte sein, die wie lange Taschenlampen aussehen. Sie können Licht- und Tonsignale abgeben, die auf Rehe zugeschnitten sind und Fluchtreflexe auslösen.
Den Aufwand muss der Landwirt nicht selbst betreiben, wenn er den Mähtermin vorher an beispielsweise Jäger bekannt gibt. Diese Wildscheuchen müssen ein paar Tage vorher aufgestellt werden.
Infrarot-Wildretter
Seit einigen Jahren vertreibt die Firma ISA Industrieelektronik einen Infrarot-Wildretter, der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurde. Das Gerät spürt mit Infrarot die Wärme des Tieres auf, kann aber bei starkem Sonnenlicht auch verdorrendes Gras anzeigen, das ebenfalls mehr Wärme abgibt, als vitale Gras. Im Rahmen eines Forschungsprojektes ist die Zahl der Fehlalarme zurückgegangen. Damit könnte der Träger direkt an das Mähgerät angebracht werden.
Zusammen mit dem Landtechnikhersteller Claas, der Universitäten München, Hohenheim sowie dem Bayerischen Jagdverband, wird das Wild nicht nur mit Infrarot aufgespürt, sondern auch in Kooperation mit einer Mikrowelle. Solche Sensoren können das Tier am Wassergehalt identifizieren und können in Ergänzung zum Infrarot das Rehkitz auch bei Sonnenschein erkennen.
Als Verbesserung zum originären, tragbaren Infrarotbalken werden die Sensoren an eine Auslegearm am Mähwerk befestigt, so dass der Fahrer sich auf das Mähen konzentrieren kann. Signale der Sensoren geben ihm den Hinweis, dass im nächsten Mähstreifen ein Kitz liegt. Wie ein angedocktes Gerät in Zukunft Verwendung finden könnte, zeigt die Projektskizze der Firma Claas.
Lesestoff:
www.wildretter.de
Roland Krieg; Abbildung: Claas