Winterdienst in der Winterzeit?
Landwirtschaft
Winterdienst lohnt sich meist nicht mehr
Die letzten Winter waren in vielen Regionen mild und ohne Schnee. Trotzdem könnte der Winterdienst für Landwirte eine attraktive Einnahmequelle sein. Vor allem auf den Ackerbaubetrieben kehrt langsam Ruhe ein. Ein Zeitbudget ist vorhanden. Maschinen werden zusätzlich ausgelastet, die Kommune bezahlt Rechnungen in einer vermarktungsarmen Zeit. Außerdem leiden viele Kommunen unter personellen Engpässen und vergeben den Winterdienst gerne an andere. Doch ist das wirklich rentabel und was muss bei der Übernahme der Wegeräumung beachtet werden?
Der Pflanzenschutzspezialist ADAMA aus Köln hat pünktlich zu Winterbeginn Landwirte im Oktober 2018 über die Agentur agriExperts des Deutschen Landwirtschaftsverlages über deren Erfahrungen und Pläne in den kommenden Monaten befragt. Das Votum ist eindeutig: 72 Prozent der Landwirte antworteten mit einem klaren „Nein“ zum Winterdienst.
Ein Blick in alte Meldungen von Fachzeitschriften zeigt, dass der Räumdienst einmal eine attraktive Arbeit gewesen sein muss. Heute ist es eher etwas „für Jungs, die gerne Trecker fahren“, so ein Forenbeitrag aus Österreich.
Die deutschen Landwirte klagen vor allem über mangelnde Wirtschaftlichkeit. Selbst wenn der Stundenlohn ab 50 Euro aufwärts liegt. Große Baufirmen haben mit ihrem Gerät die Winterwartung der Straßen und Gehwege in den Kommunen übernommen. Auch sie haben meist eine „Winterruhe“ und wollen die Maschinen auslasten. Neben diesen Wettbewerbern konkurrieren Maschinenringe mit Landwirten um die Aufträge und so geraten die Preise nach Meinung der Befragten weiter unter Druck.
Zwar können Landwirte ihre Maschinen besser ausnutzen, doch steigt gerade mit dem Winterdienst der Verschleiß, wie beispielsweise die Korrosion durch das Salz. Landwirte müssen ihre Kosten genau kalkulieren und die Angebote werden von den Kommunen oft abgelehnt. Offenbar fehlt auf Gemeindeseite das Gefühl für eine „Win-Win-Situation“. Ein Landwirt bringt es mit dem Satz: „Das ist eine Ausbeutung des Landwirts“ auf den Punkt, „Landwirte sollen billiger als andere sein“. Wer sich für den Winterdienst entscheidet, muss auch an die Wünsche der Bürger und Bürgerinnen denken. Wer es ihnen nicht recht macht, der muss mit Beschimpfungen rechnen. Aus diesem Grund hat ein „Winterdienstler“ mit dem Schneeräumen aufgehört.
Das geht natürlich nicht, zumal sich einige Betriebe in der Vergangenheit sogar eigene Räumtechnik angeschafft hatten. Heute ist der Christbaumverkauf ab Hof lohnender als der Gemeindedienst, wie ein Landwirt schreibt.
Es gibt auch eine andere Tücke. Der Winterdienst für die Gemeinde ist keine landwirtschaftliche Tätigkeit. Wer den Dienst auf öffentlichen Straßen oder Flächen übernimmt, muss ein Gewerbe anmelden. Dabei kann die Zulassung des steuerbegünstigten grünen Kennzeichens verloren gehen.
Die Landwirte, die mit dem Winterdienst gute Erfahrungen gemacht haben, leben offenbar in Gemeinden, wo die Verwaltung die Dienste zu schätzen weiß. Mit diesem Wissen aus der Umfrage kann man ja mal nachfragen. Das kostet nichts.
Lesestoff:
Hier geht es zu allen bisherigen Fragen des Monats: https://www.adama.com/deutschland/de/frage-des-monats
roRo