„Wir sind das Bundeswaldministerium“
Landwirtschaft
Verbändegespräch Wald
Der Wald ist wieder im Gespräch. Vom Waldsterben allerdings will Prof. Dr. Andreas Bolte vom Thünen Institut für Waldökosysteme nicht sprechen. Er nahm am Donnerstag im Bundeswaldministerium mit zahlreichen forstwissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen beim Verbändegespräch Wald teil. Das diente als Vorbereitung zum Waldklimagipfel im September. Zuletzt hat der Verband AGDW – Die Waldbesitzer sich an das Ministerium gewandt, weil die Entsorgung von Schadholz zu einem logistischen Problem geworden ist [1]. Seit dem Mai ist die Trockenheit im Wald weiter vorangeschritten und nach den Sturmkalamitäten kommen mit dem Borkenkäfer jetzt auch noch die tierischen Schädlinge hinzu.
33 Millionen Kubikmeter Schadholz hat es im letzten Jahr gegeben. Das ist ungefähr die Hälfte der jährlichen Einschlagmenge von 60 Millionen. In diesem Jahr laufen die Schätzungen auf mindestens ebenfalls 30 Millionen Schadholzkubikmeter hinaus. Das ist die Katastrophe, so Bolte. In zwei Jahren falle so viel Schadholz an, wie sonst geerntet werde. Nach Waldministerin Julia Klöckner („Wir sind das Waldministerium“) fehlt auf bundesweit bereits 110.000 Hektar Fläche Wald. „Es fehlt ein Mitkämpfer gegen den Klimawandel“, so die Ministerin. „Der Baum, der heute nicht gepflanzt wird, fehlt den Kindern und Enkelkindern.“ Immerhin. Es stehen eine Milliarde Setzlinge für die Aufforstung zur Verfügung. Weil die Landesforstämter zum Teil jedoch einen Einstellungsstopp ausgerufen haben, fehlen Menschen, die Bäume pflanzen. Neben der Bundeswehr, könnten, so Klöckner, auch Studierende oder ganze Schulklassen, die sich schon gemeldet hätten, mit Setzlingen auf den Weg in den Wald machen. Im Herbst will das BMEL eine Werbekampagne für das Pflanzen von Bäumen auflegen.
Wald wird es auch in Zukunft geben. Doch die Zusammensetzung der Wälder wird sich deutlich ändern. An Trockenstandorten verdorrt mittlerweile auch die Buche. Waldschäden sind in bewirtschafteten sowie auch in unbewirtschafteten Wäldern wie dem Hainich in Thüringen zu verzeichnen.
Viele Maßnahmen sind nicht neu. Jedes Jahr hat einen anderen Temperatur- und Niederschlagsverlauf. Es ist wichtig, zwischen Kammlagen und Sandböden zu unterscheiden. Vom Alpenrand bis zum Ostseeraum steht die Bewaldung unter Druck. Wer sich als Waldbesitzer nur auf eine Baumart verlässt, setzt alles auf eine Karte. Schon vor zehn Jahren hat es Projekte zu klimaplastischen Wäldern gegeben, die umfangreiche Vorschläge entwickelten [2].
Ein Problem sind die zwei Millionen privaten Waldbesitzer, die nur kleine Flächen besitzen und großräumig nur schwer in den Waldumbau zu integrieren sind. Die Bewirtschaftungsweise, Bäume zu pflanzen, die in 60 bis 100 Jahren geerntet werden ist nach Bolte nicht mehr zeitgemäß. Neue Durchforstungsmaßnahmen müssen den Waldbesitzer alle zehn bis 20 Jahre zu einer neuen Bestandsaufnahme in seinen Wald zwingen.
Außerdem sin die Förster auf der Suche nach „Herkünften“. Es reicht nicht mehr neue Baumarten zu pflanzen, sondern auch auf die genetische Herkunft zu achten. Die deutsche Traubeneiche beispielsweise leidet unter der Trockenheit. Die ungarischen Schwestern hingegen haben mehrere Trockenheiten bereits überstanden und bieten genetische Alternativen für die Wälder hier [3]. Das ist nach Bolte aber auch ein rechtliches Problem. So darf nach Tschechien kein neues Baumsaatgut eingeführt werden. Die EU müsse die rechtlichen Vorschriften analysieren und im Rahmen einer gemeinsamen Waldstrategie harmonisieren.
Der Waldgipfel muss die verschiedenen Ansprüche an den Wald sicherstellen. Im Ziel steht nicht nur die Ernte von Holz, sondern auch die Sicherstellung der Trinkwasserreserven, der Erholungsfunktion und dem Wald als Arbeitsplatz. Über allem steht die Sicherstellung der Funktionalität der Wälder.
Lesestoff:
[1] Wohin mit dem Holz? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wohin-mit-dem-holz.html
[2] Klimaplastische Wälder: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/klimaplastische-waelder.html (Mit Link zum zweiten Teil „Waldentwicklungsmodelle“
[3] Sustree heißt das Projekt: https://www.interreg-central.eu/Content.Node/SUSTREE.html
Roland Krieg