Wirkung von Agrarumweltpolitik messen
Landwirtschaft
Umweltbezogene Agrarpolitik unter der Lupe
Mit welchen Methoden lassen sich die Wirkungen von Agrarumweltpolitiken analysieren? Das war die Leitfrage eines internationalen Workshops der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), der vom 20. bis 22. Juni 2011 am Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig stattfand. Rund 60 Experten aus 20 OECD-Ländern tauschten Erfahrungen über die Messung und Bewertung der Wirkungen umweltbezogener Politiken im Agrarbereich aus. Unterstützt wurde der Workshop vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem niederländischen Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und Innovation und dem vTI.
Öffentliches
Geld für öffentliche Leistungen
Immer mehr politische Maßnahmen verfolgen das Ziel, die Umweltwirkungen der
Landwirtschaft zu verbessern. Deshalb steige auch das Interesse der Politik an
Erfolgskontrollen, so Dimitris Diakosavvas von der OECD. Das Spektrum der
während des Workshops betrachteten Maßnahmen reichte von Fachrecht und Cross Compliance
über Agrarumweltmaßnahmen, Investitionshilfen und Beratung bis hin zu
handelbaren Zertifikaten zur Verbesserung der Wasserqualität. Im Fokus stand,
ob diese Politiken erfolgreich waren, bestimmte Umweltziele zu erreichen, und
welche Rolle die Politik dabei spielt, Landwirte bei der Bereitstellung von
öffentlichen Umweltgütern wie sauberem Wasser oder der Erhaltung der
Biodiversität zu unterstützen.
In Zeiten knapper öffentlicher Haushalte gewinnt die Forderung „public money
for public goods“, also die Konzentration öffentlicher Mittel auf die
Bereitstellung öffentlicher Güter, an Bedeutung. Professor Folkhard Isermeyer,
Präsident des vTI, wies zu Beginn der Veranstaltung darauf hin, dass mehr
Anstrengungen zur Definition, Messung und Bewertung der konkreten
Umweltleistungen erforderlich sind. Eine Konzentration der Agrarumweltpolitik
auf Extensivierungsmaßnahmen sieht er kritisch, da ein Rückgang der
landwirtschaftlichen Produktion zu negativen indirekten Effekten wie
Intensivierung oder Landnutzungsänderungen andernorts führen kann, sodass
bestimmte Ziele wie die Verringerung von Treibhausgas-Emissionen auf diese
Weise nicht erreicht würden.
Die methodische
Qualität der Evaluierungen und der gewonnene Erkenntnisstand haben sich nach
Meinung der Experten gegenüber dem letzten OECD-Workshop im Jahr 2004 deutlich
verbessert. Dennoch bleiben viele Herausforderungen für die Evaluierung
bestehen. Der Nachweis, welche zusätzlichen (Netto-)Wirkungen die Politik
erzielt hat („Additionalität“), ist nur schwer zu führen, da es – anders als
bei naturwissenschaftlichen Experimenten – in der Regel keine ideale
Kontrollgruppe von landwirtschaftlichen Betrieben ohne Politikeinfluss gibt.
Roger Claassen vom Economic Research Service des US Department of Agriculture (USDA)
zeigte am Beispiel bodenschonender Ackerbauverfahren in den USA, dass viele
Landwirte auch ohne staatliche Förderung zunehmend mit solchen Verfahren
arbeiten würden. Die Agrarumweltpolitik hätte zur Verbreitung beigetragen,
Mitnahmeeffekte wären aber kaum zu verhindern.
Die Messung der
ökologischen Wirksamkeit sowie erwünschter und unerwünschter Nebeneffekte ist
stark von der Verfügbarkeit und Qualität von Daten abhängig. Für die
Datenerhebung und Analyse müssen ausreichend Mittel bereitstehen. So berichtete
Kimberly Green, Direktorin der ‘Sustainable Agriculture Policy, Land and Coasts
Division’ des Australischen Landwirtschaftsministeriums in Canberra, dass
aufgrund von Forderungen des nationalen Rechnungshofes verstärkt quantitative
Ziele für Agrarumweltpolitiken formuliert worden sind. Die Mittel für Monitoing
und Evaluierung würden heute etwa zehn Prozent der gesamten Programmkosten
erreichen.
Eine gute
inhaltliche und räumliche Fokussierung von Agrarumweltmaßnahmen kann die
Wirksamkeit der öffentlichen Förderung erhöhen. Dies zeigte Jaroslav Prazan vom
Institut für Agrarökonomie in Prag anhand von räumlichen Analysen in der
Tschechischen Republik. Ein Beispiel für privatwirtschaftliche Lösungen stellte
Dennis O’Grady von der South Nation Conservation in Ontario, Kanada, vor. Hier
stellen Klärwerksbetreiber Mittel zur Vermeidung von Phosphateinträgen der
Landwirtschaft in die Oberflächengewässer zur Verfügung, da die
Vermeidungskosten in der Wasserwirtschaft deutlich über denen in der
Landwirtschaft liegen.
Auf großes Interesse stießen ergebnisorientierte Ansätze, die den Landwirten
statt starrer Vorschriften und Bewirtschaftungsauflagen Ziele zur
Umweltverbesserung setzen. Die Landwirte können diese Ziele dann mit Hilfe
unterschiedlicher, an die jeweiligen Bedingungen angepasster Maßnahmen
erreichen.
Dr. Michael Welling (vTI)