Witajso k nam do Desna
Landwirtschaft
Dorf- und Erntefest in Dissen
Die
Brandenburger Landwirtschaft verwöhnt die Gäste aus Berlin. Auf der Grünen
Woche präsentieren kleine und große Hersteller sowie Verbände Produkte, Kultur
und Regionalitäten. Die Brandenburgische Landwirtschaftsausstellung BraLa und
im Sommer die Brandenburger Landpartie bieten den Konsumenten eine selten
intensive Gelegenheit, hinter die Kulissen zu blicken und Kontakt zu den Firmen
aufzunehmen. Ein weiterer Höhepunkt ist dann im September das 8. Dorf- und
Erntefest am kommenden Wochenende in Dissen zwischen Spreewald und Cottbus. So
haben die Brandenburger und Berliner ganzjährig Gelegenheit, mehr über „ihre“
Landwirtschaft zu erfahren, erklärte Jörg Vogelsänger Herd-und-Hof.de am
Mittwoch bei der Vorstellung des Programms in Potsdam.
Eine
kulturelle Besonderheit: Dissen-Striesow
liegt im sorbisch-wendischen Siedlungsgebiet: Witajso k nam do Desna – Herzlich
willkommen in Dissen.
„Das alte Volk“
Stary
lud – das sorbische Volk zeigt zwei Tage lang Brauchtum und alte Traditionen.
Das Heimatmuseum entführt sogar ohne Eintrittspreis in die Siedlungsgeschichte
der Sorben, deren Sprache auf den Ortsschildern hinzugefügt ist. Die Pfarrerin
führt durch die Fachwerkkirche und erklärt den Fries mit den
landwirtschaftlichen Nutztieren, die den Sorben früher wichtig waren. Mehr als 60
Trachtenvarianten für jeden Anlass von der Hochzeit über die Arbeits- bis zur
Tanztracht gibt es und jedes Dorf hat seine eigenen Muster und Hauben für die
Frauen.
An
der Spree hatten die sorbischen Bauern keine Scheunen für das Winterfutter,
sondern bauten kunstvolle Heuschober. Für jede Kuh einen. So zeigte die Zahl
der Heuschober auf der Wiese an, wie viele Kühe der Bauer im stall hat, erklärt
Babette Zenker vom Heimatmuseum Dissen. Wer will, der kann am Wochenende
Heuschober bauen, auf alte Art Getreide dreschen oder hinter der Kirche
Kartoffeln ernten.
Die
Sorben steuern eigene Erntekronen zum traditionellen Erntekronenwettbewerb bei.
Das Besondere: sie sind aus Eichenlaub. Die Landfrauen aus den anderen
Brandenburger Regionen hatten es in diesem Jahr schwer. Zum einen konnten sie
wegen der unter Wasser stehenden Getreidefelder nicht auf die Äcker, zum
anderen waren die meisten Ähren durch die Witterung kleiner. Beim Schneiden des
Getreidehalmes wurde die Schnittstelle in diesem Jahr eher gräulich, erläuterte
Anja Faber, Geschäftsführerin der Landfrauen. Die Erntekronen sind ein „Spiegel
der Ernte“, die in diesem Jahr schlecht ausgefallen ist. Dennoch haben die
Landfrauen mit dem besten Stroh schmuckvolle Erntekronen gezaubert.
Auf
das 8. Brandenburger Dorf- und Erntefest. Babette
Zenker (Heimatmuseum Dissen),
Dr. Gerd Lehmann (pro
agro); Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger,
Landfrau
Anja Faber und Landesbauernpräsident Udo Folgart (vl.n.r.)
Renaturierung
Die Lausitz ist eine gebeutelte Landschaft, wo der Braunkohletagebau tiefe Löcher in der Erde hinterlässt. Dort wo er weitergezogen ist, wird renaturiert. Fred Kaiser, Bürgermeister von Dissen, verweist auf das größte Projekt in Deutschland, bei dem der Energieversorger Vattenfall auf 400 Hektar Fläche acht Teiche und Feuchtgebiete angelegt hat. Die Wiesen werden von Wasserbüffeln, Wildpferden und Auerochsen gepflegt.
Schwarzbier
Dissen
nutzt die Gelegenheit des Erntefestes und macht auf eine Neugründung aufmerksam,
die ab 2013 noch mehr Menschen in die Region ziehen wird. Hinter der Kirche
wird ein mittelalterliches Zeltlager aufgeschlagen, das Vorbote für eine
slawische Siedlung sein wird, die hier langfristig entsteht und die Welt des
„alten Volkes“ erlebbar macht.
Am
Samstag eröffnet Ministerpräsident Matthias Platzeck das Erntefest, um 12:30
Uhr beginnt der Festumzug mit 72 Bildern. Von der traditionellen Ambosspolka,
über die Dissener Kräuterfrau, verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben,
dem Ökolandbau in Müschen bis zum Verein für Alte und vom Aussterben bedrohten
Tierrassen sind abwechslungsreiche Bilder zu sehen.
Extra
zum Dorffest wurde ein spezielles Schwarzbier gebraut. Die Gemeinde Dissen hat
es zusammen mit dem Brauhaus Drebkau nach Überlieferung der „Societas Lusatorum
Sorabica“, dem 1716 gegründeten Predigercollegium und heute Sitz der
Universität Leipzig gebraut. Das „serbske piwo“ ist ein süffiges Schwarzbier,
das mit Honig und Ingwer abgerundet wurde. Das Bier ist nur am Stand des
Brauhauses erhältlich.
Lesestoff:
Das ganze Programm sowie Anfahrt finden Sie unter www.dissen-striesow.de
Roland Krieg, Foto: Ralf Flucke