Wo steht die GAP Ende 2018?
Landwirtschaft
Bringt die GAP2020 die Landwirtschaft weiter?
Der EU-Agrarrat tagt seit Montag in Brüssel zum letzten Mal in diesem Jahr und unter der Ratspräsidentschaft Österreichs. Heute werden die Fangquoten für den Atlantik und die Nordsee beschlossen. Am Montag ging es um die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 2020, die Bioökonomie und Transparenz in der Lebensmittelkette.
GAP2020
Der Fortschrittsbericht Österreichs resultiert aus 23 Sitzungen auf Gruppenebene, auf sieben Tagungen des Sonderausschusses Landwirtschaft sowie den Debatten des monatlichen Agrarrates. Der Zwischenbericht bleibt unter Vorbehalt, denn der Mehrjährige Finanzrahmen für die Förderperiode 2021 bis 2027 ist noch nicht abschließend behandelt. Damit steht auch der Agrar-Etat in Brüssel noch nicht fest.
Umsetzungsmodell
Eines der Reformkernstücke ist die Umsetzung des neuen Modells, den Mitgliedsländern mehr Verantwortung zu geben. Prinzipiell werde das zwar begrüßt, führte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger aus, doch bei den Fragen zu technischer Hilfe, Arbeitsbelastung, Zuständigkeiten der nationalen Verwaltungen, sowie Anzahl der Zahlstellen und Verfügbarkeit der Krisenreserve, Finanzdisziplin, Berichterstattung sowie Sanktionen über Zahlungskürzungen und einem Übergangszeitraum sind noch offen. Einige Korrekturen und substanzielle Fortschritte muss in den nächsten sechs Monaten Rumänien übernehmen. Finnland folgt mit der Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2019.
Gemeinsame Marktordnung
Die meisten Länder wollen die Gemeinsame Marktordnung (GMO) nicht überarbeiten und sind offenbar mit ihren individuellen Interpretationen und Ausnahmeregelungen zufrieden. Wirkliche Fortschritte wurden in den Bereichen „Bestimmungen zu geografischen Angaben“ und im Weinsektor gemacht. Letzteres bezieht sich auf die Genehmigungen von Neuanpflanzungen und der Klassifizierung verbotener Keltertraubensorten [1].
Viele Fragen offen
Köstinger fordert eine GAP, die auch den Landwirten gerecht wird. Das wird sehr unterschiedlich gesehen. Viel Diskussionsbedarf sieht Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens beim Bundeslandwirtschaftsministerium. Kurz und knapp listete er die strittigen Fragen auf: Entbürokratisierung, Entkopplung der Zahlungen, Zuständigkeiten bei föderalen Staaten, Leistungsberichterstattung inklusive Qualität von Indikatoren, die nationale Gestaltung von Kontrollen und Sanktionen und wie die neue grüne Architektur zwischen den Säulen abgestimmt ist, um die Zielvorgaben für Klima und Umwelt auf ein höheres Niveau zu heben.
Damit sind die Kernthemen der Reform noch immer unklar oder mindestens strittig. EU-Agrarkommissar Phil Hogan will dennoch parallel zur Debatte über den EU-Etat an der GAP-Reform weiter arbeiten. Nach Hogan wird es eine Etat-Einigung nicht vor Oktober 2019 geben. Wie weit die GAP unter Haushaltsvorbehalt weiter kommt, bleibt offen. Ende November gab es eine Interparlamentarische Tagung zur GAP in Zagreb, deren Ergebnis Landwirtschaftsminister Tomislav Tolusic aus Kroatien noch einmal vorstellte. Unter anderem wollen Länder die Kopplung ihrer Zahlungen beibehalten, keine Budgetkürzung hinnehmen und Klima- und Umweltziele nur freiwillig umsetzen.
Wie viel Fortschritt wirklich schon vorhanden ist und wann eine Einigung bevorsteht, hat der Agrarrat nicht durchblicken lassen.
Transparenz in der Lebensmittelkette
Das Europaparlament hat die neuen Regeln für mehr Transparenz in der Lebensmittelkette gerade erst angenommen [2]. Der Agrarrat geht in die gleiche Richtung, wenn auch die Niederlande eine Protokollerklärung abgaben. Sowohl die neuen Regeln auch als das Transparenzregister seien hilfreich, aber die sofortige Veröffentlichung von nicht vertraulichen Studien „könnte Innovationen behindern statt sie zu fördern“. Der Trilog mit dem Europaparlament und der Kommision können sofort beginnen – aber unter Vorbehalt des Mehrjährigen Finanzrahmens. Es dürfen keine Entscheidungen getroffen werden, die dem künftigen Budget vorgreifen oder gar beeinflussen. Kernpunkt ist, dass im aktuellen Vorschlag die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA mit 62,5 Millionen Euro budgetiert ist. Die Niederlande halten das für „unrealistisch“. Das wäre eine Verdoppelung des Haushaltstitels. Sollte der Trilog vor Abschluss des EU-Budgets beendet werden, müssten alle Parteien die finanziellen Auswirkungen später erneut prüfen und sich einigen.
Bio-Ökonomie
Die Bio-Ökonomie als „Produktion erneuerbarer biologischer Ressourcen und die Umwandlung dieser Ressourcen und Abfallströme in Produkte mit einem Mehrwert, wie Lebensmittel, Futtermittel, biobasierte Produkte und Bioenergie“, ist ein Lösungsansatz für die künftigen Herausforderungen wie Ressourcenknappheit und Klimawandel sowie Umweltschutz. Die EU-Kommission sieht hinter dieser großen Form der Kreislaufwirtschaft einen wirtschaftlichen Wert, der Wohlstand vor allem in ländlichen Räumen hervorrufen kann. Im Jahr 2015 hat die Bio-Ökonomie einen Umsatz von 2,3 Billionen Euro erzielt. 380 Milliarden entfielen auf den Bereich der Landwirtschaft. Dort sind mit rund neun Millionen Menschen die Hälfte aller Bio-Ökonomie-Arbeiter unterwegs.
Die 2012 vorgestellte Bio-Ökonomie-Strategie wurde im letzten Jahr überarbeitet und in einen Aktionsplan umgewandelt, der die Potenziale heben soll. Daraus resultieren 14 zentrale Maßnahmen.
Deutschland unterstützt das, führte Dr. Onko Aeikens aus. Die Potenziale für eine höhere Wertschöpfung sind noch nicht ausgeschöpft. Deutschland begrüße vor allem die Weiterentwicklung von einer Forschungsstrategie in eine politische Strategie. Die Ausklammerung der biobasierten Medizin sei jedoch falsch, so Aeikens. Wenn der Plan im nächsten Jahr vorliegt, wolle Deutschland die Verlinkungen zu anderen Politikfeldern überprüfen, um Anreize für die einzelnen Mitgliedsstaaten in Richtung Bio-Ökonomie aufzustellen.
Lesestoff:
[1] Es dürfen nur Weinstöcke mit klassifizierten Rebsorten gepflanzt werden. Die Rebsorten Noah, Othello, Isabelle, Jacquez, Clinton und Herbemont sind nicht klassifiziert und daher „verboten“. Hintergrund ist die Ampelographie, die Rebsortenkunde. Ampelos ist griechisch und bedeutet Weinstock. Klassifiziert in diesem Sinne heißt, dass die Rebsorten nach Synonymen, Herkunft, Kulturareal, Botanik, Agrobiologie, nach Klonenvariation und agrotechnisch bestimmt sind. Die Ampelographischen Bücher für Tafel- und Keltertrauben gehen zumeist auf die 1950 und 1960er Jahre zurück. Das Gegenteil sind verwilderte Trauben, die vor allem aus pflanzenhygienischen Gründen nicht angebaut werden sollen.
[2] Neue Transparenzregeln: https://herd-und-hof.de/handel-/mehr-transparenz-in-der-sicherheitsbewertung.html
Roland Krieg