Woher kommen die resistenten Keime?
Landwirtschaft
Veterinäre weisen Vorwurf der Chirurgen zurück
„Wo kommen die „Krankenhaus-Keime“ in Wirklichkeit her?“ Das hat der Bundesverband Deutscher Chirurgen (BDC) Ende Februar gefragt.
600.000 Menschen infizieren sich an multiresistenten Keimen und jährlich sterben 22.000 an ihnen. Prof. Dr. Julia Seifert, Vizepräsidentin des BDC warnt: „Infektionen, die durch so genannte multiresistente Bakterien verursacht sind, sind nur noch durch wenige, im ungünstigen Fall gar keine Antibiotika mehr behandelbar. Die größten Risiken tragen Kinder, weil sie ein noch nicht voll ausgebildetes Immunsystem haben und Menschen mit geschwächtem Immunsystem, z.B. schwerst kranke Patienten oder alte Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, Asthma u.a..“
Doch die meisten Erreger kämen nicht aus den Klinken selbst, sondern werden hineingeschleppt. In Verdacht stehen die 1.700 Tonnen Antibiotika, die in Aquafischzuchtanlagen, Teichwirtschaft, die Tiermast und „Obst- und Gemüsebau“ eingesetzt werden. Landwirte, Tierärzte und Altenheime gelten den Chirurgen als „Keim-Reservoir“. Aber auch Touristen tragen zur Verbreitung der multiresistenten Keime bei. „Bei 20 Prozent der wiederkehrenden Touristen, die im Ausland in Praxen oder Kliniken behandelt wurden, sind kontaminiert.“
Der Bundesverband der Chirurgen fürchte einen Rückfall in eine prä-antibiotische Ära und fordert mehr Forschung und Screening.
Veterinäre wehren sich
Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) wehrt sich gegen die in der Meldung steckenden Vorwürfe, dass die Resistenzproblematik eine Folge des Antibiotikaeinsatzes in der Veterinärmedizin sei. „Schuldzuweisungen, die den Stand der Wissenschaft außer Acht lassen und obendrein die eigene Verantwortung verschweigen, sind nicht zielführend im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen“, teilte bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz in einem Brief dem BDC-Präsidenten Prof. Dr. Hans-Peter Bruch mit. Nur zwei Prozent der in der Tiermedizin eingesetzten Reserveantibiotika werden auch in der Humanmedizin verwendet. Dagegen steigen in den Kliniken die Resistenzen gegen Carbapeneme, weil diese Reserveantibiotika in wachsendem Maße eingesetzt würden.
Der bpt verweist auf den Antibiotikaminimierungsplan im Rahmen des Arzneimittelgesetzes und schlägt den Humanmedizinern vor, „dass Human- und Veterinärmedizin künftig mehr an einem Strang ziehen müssen, will man das Resistenzproblem langfristig in den Griff bekommen.“
Roland Krieg