Woher kommt NK603?
Landwirtschaft
Messergebnisse stiften Verwirrung
Die Suche nach dem Mais NK603 geht weiter. Niedersachsen und Pioneer kommen zu gegensätzlichen Ergebnissen, wie der gentechnisch veränderte Mais NK603, der fälschlicherweise ausgeliefert oder ausgesät wurde, in die konventionelle Partien gelangte. Während Niedersachsen die Verunreinigung auf Seiten des Saatguterzeugers sieht, hat Pioneer seine aktualisierten Gutachten am 11. Juni ins Internet gestellt, die dem Mais einen rein konventionellen Charakter bescheinigen.
Daher schwelgt auch die Frage nach dem Schadensersatz zwischen den Fronten. Pioneer lehnt Schadensersatz ab, weil die Verunreinigung nicht bei ihm stattgefunden hat, der Deutsche Bauernverband (DBV) bemängelt eine angebotene „freiwillige Soforthilfe“, die nur fällig würde, wenn eine entsprechende Musterklage Erfolg hätte.
„Schlamperei von Pioneer“?
Nun hat das Hessische Landeslabor zwei Proben aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg untersucht. Zwei Landwirte kauften das Pioneer-Saatgut in Bayern. Das Landeslabor stellte fest, dass die Spuren des gentechnisch veränderten Mais bereits im Saatgut vorhanden waren: „Nun steht schwarz auf weiß fest, dass das Saatgut mit Genmais verunreinigt war und die Landwirte keine einwandfreie Ware erhalten haben“, sagte die hessische Agrarministerin Silke Lautenschläger am Montag. Die Ergebnisse hätten die „Schlamperei des Saatgutunternehmens Pioneer bestätigt“. Es wurden auch Spuren der ebenfalls nicht zugelassenen Maissorte GA21 festgestellt.
Verschiedene Probenahmen
Der Saatguthersteller Pioneer hingegen sieht in dem hessischen Messergebnis eher einen Beleg zweifelhafter Messtechnik. Österreich hat den Grenzwert von 0,1 Prozent maximalen Anteil gentechnischer Spuren im Saatgut festgelegt und gilt europaweit als einer der Vorreiter der „Gentechnik-Freiheit“, erklärt Ulrich Schmidt, Direktor von Pioneer Hi-Bred Nordeuropa gegenüber Herd-und-Hof.de am Telefon. Nach Aussage von Ulrich Schmidt hat Hessen den Mais mir Roundup abgespritzt und elf verbleibenden Pflanzen einen Test unterzogen. Allerdings nicht von einem, sondern von allen 5,8 Hektar insgesamt. Mit diesem Vergleich werden 1,89 Pflanzen je Hektar untersucht, was einem Anteil von 0,00275 Prozent Spurenanteil gentechnisch veränderter Pflanzen beträgt. Ein Ergebnis, dass weit unter der technischen Nachweisgrenze von 0,01 Prozent liegt. Dieses Ergebnis, so Schmidt, kann mit normalen Standardprüfmethoden nicht nachvollzogen werden. Auch Niedersachsen habe Ergebnisse gebracht, die mit 0,03 Prozent je Hektar weit unter der Nachweisgrenze liegen.
Es fehlen feste Regeln
Das neuerliche Ergebnis aus Hessen zeige nur, wie unsicher die Messmethoden seien.
Nachdem die EU auf dem Weg ist, jedem Mitgliedsland künftig die Entscheidung selbst zu überlassen, ob der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen erlaubt sei, sieht Schmidt bei notwendiger Umsetzung einheitlicher Regeln eine verbesserte Verfahrensweise. Bei einem fester Grenzwert von 0,1 Prozent habe man „falsch positive Ergebnisse im Griff“. Das würde auf dem „Flickenteppich“ verschiedener Zulassungspraktiken technisch unvermeidbare Kontaminationen wie grenzüberschreitenden Pollenflug entgegenkommen. Nach Ansicht von Ulrich Schmidt habe sich die EU mit diesem Schritt aus dem Dilemma befreit, den Zulassungsstau aufzulösen.
Roland Krieg