Zerreißprobe
Landwirtschaft
DBV kündet Wertekongress an
Vor der Eröffnung der Grünen Woche steht die Land- und
Agrarwirtschaft vor einer Zerreißprobe. Nach Bauernpräsident Gerd Sonnleitner
hat das Jahr mit einem negativen Paukenschlag begonnen: „Der Dioxinskandal ist
ein Supergau!“ Derzeit belaufen sich die Schäden auf rund 100 Millionen Euro,
wobei die Verluste durch den Preiscrash bei Eiern und Schweinefleisch noch
nicht mit berechnet seien. Alleine die Nachfrage sei bei Eiern um 20 Prozent,
die bei Schweinefleisch um 10 Prozent zurückgegangen.
Das von Bund und Ländern verabschiedete Programm zur
Vermeidung künftiger Futtermittelskandale sei zwar gut, aber der Präsident
vermisst eine Entschädigungsregelung. Die Futtermittelwirtschaft solle in einen
Fonds einzahlen, aus dem die Bauern entschädigt werden können. Auch die
Schlachtbranche solle auf die Bauern Rücksicht nehmen und den entstandenen
Marktdruck nicht ausnutzen, sagte Sonnleitner in Berlin. Die Dioxinkrise mache
deutlich, dass die Lebensmittelwirtschaft eine Verantwortungs- und
Wertschöpfungskette ist. Aber auch die Verbraucher sollten sich fragen, ob sie
immer nur die billigsten Lebensmittel einkaufen müssten.
Bauerntag wird Wertekongress
Von „Zerrbildern“ sprach
Sonnleitner, die derzeit „bestimmte Gruppen“ an die Wand malten. Mit
Kampfbegriffen wie „Industrialisierte Landwirtschaft“ oder „Massentierhaltung“
würden einzelne kritikwürdige Bilder auf die ganze Branche übertragen. Auch
Sonnleitner wolle keine „Amerikanisierung“ der Landwirtschaft. Sonnleitner
wünschte sich „alle Spieler“ auf dem Feld sehen zu wollen, um die künftige
Agrarsystemfrage zu klären. Er hat damit auch die „Chefs“ der Discounter des
Verbraucherzentrale Bundesverbands ausdrücklich eingeladen.
Unabhängig davon will
sich der DBV seine eigenen Gedanken machen und führt in einzelnen Regionen eine
„Zukunftsdebatte“. Der im Sommer in Koblenz stattfindende Bauerntag soll mit
einer Wertedebatte die Diskussion abschließen.
Märkte vor Finanzinvestoren schützen
Das Dioxin ereilt die
Branche, die gerade einen Aufwärtstrend der Agrarmärkte sieht. Steigende
Nachfrage bei konjunktureller Erholung sowie kleine Ernten und Vorräte lassen
die Rohstoffpreise steigen. Jürgen Abraham, Vorsitzender der Bundesvereinigung
der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), geht dabei von sicher steigenden
Lebensmittelpreisen in diesem Jahr aus, weil das irgendwann einmal
durchschlagen muss.
Ein Inflationstreiber
seine die Lebensmittelpreise jedoch nicht, so Sonnleitner. Zu den durch die
Globalisierung verursachten Preisschwankungen auf dem Rohstoffmarkt komme die
Spekulation von Finanzinvestoren hinzu. Sonnleitner forderte, dass alle
Warentermingeschäfte, aber auch Derivate, mit ausreichend eigenkapital
hinterlegt werden müssten.
Der DBV steht mit einem vielfältigen Programm in der Halle 3.2 auf dem Erlebnisbauernhof den Verbrauchern Frage und Antwort.
Roland Krieg; Foto:
Ralf Flucke
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