Ziegentag in Brodowin
Landwirtschaft
Guter Zuspruch auf dem Ziegentag in Brodowin widerspiegelt positiven Trend in der Ziegenhaltung in Brandenburg
Am 7. Dezember wurde gemeinsam durch das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LVLF) und den Schafzuchtverband Berlin- Brandenburg der diesjährige Brandenburger Ziegentag durchgeführt. Mit ca. 50 Ziegenhaltern und -züchtern auf dem 2. Brandenburger Ziegentag fiel die Teilnehmerzahl deutlich höher aus als im vergangenen Jahr. Dies dürfte zum Einen auf die weiterhin gestiegene Zahl an Haltern und Ziegenbestände zurückzuführen sein (siehe Abb. 1). Zum Anderen scheint das Programm viele Interessenten, darunter insbesondere die Milcherzeuger, angesprochen zu haben.
Abb.1: Entwicklung der Ziegenbestände in Brandenburg
Herr D. Ilgenstein, Präsident des LVLF würdigte bei der Eröffnung die positive Entwicklung auf dem Ziegensektor und deren Bedeutung als alternative Möglichkeit zur Erzeugung eines Einkommens im ländlichen Raum. Ausdruck der Reaktion auf diese Entwicklung ist die Durchführung und Unterstützung entsprechender Veranstaltungen durch das Landesamt, auf denen den Ziegenhaltern ein Forum für Erfahrungsaustausch, Kontaktherstellung und Problemdiskussionen gegeben werden soll.
Große Unterschiede in Bestandsgrößen, Bewirtschaftungsformen und Vermarktungswegen
Inzwischen existieren in Brandenburg 26 Ziegenmilcherzeuger. Ca. ein Drittel der Betriebe lieferte die Milch an Molkereien (z. T. bis nach Sachsen), wovon teilweise fertige Produkte wieder in den Erzeugerbetrieb zur Eigenvermarktung zurückgenommen werden, so Frau K. Ahrnfeldt – erste Referentin von der Humboldt- Universität Berlin. Bei den meisten Milcherzeugern erfolgt die Verarbeitung der Milch im Betrieb und der Absatz entsprechender Produkte in Direktvermarktung.
Zum überwiegenden Teil begannen die Befragten mit der Milcherzeugung erst innerhalb der vergangenen sechs Jahre. Die Bedingungen der in die Studie einbezogenen Betriebe waren sehr unterschiedlich. So variierte die Bestandsgröße zwischen weniger als 10 und 1000 Ziegen. Der Grad der Mechanisierung war hinsichtlich des Melkverfahrens hoch (Rohr- oder Kannenmelkanlage) und in Bezug auf die Fütterung eher gering. Die durchschnittlichen Herdenleistungen lagen zwischen 400 und 660 l/ Ziege und Jahr. (Schätzung der Halter). An einer regelmäßigen Milchleistungsprüfung nahmen nur 2 der Betriebe teil. Hier sind deutliche Leistungsreserven zu erschließen. Die Angaben zum Kraftfutter variierten erheblich (0,5 – 2,0 kg). Die Haltungsvarianten reichten von völliger Stallfütterung mit Konservaten und Kraftfutter bis hin zur ausschließlichen Futterversorgung über den Weideaufwuchs kombiniert mit Heufütterung. Der Grad der Interessenvertretung durch den Schafzuchtverband Berlin - Brandenburg wurde differenziert bewertet. Als positiv erkannte man beispielsweise den erfolgreichen Einsatz des Verbandes für die Wiederbesetzung der Stelle des Schaf- und Ziegengesundheitsdienstes und die Organisation / Hilfe bei Verkauf bzw. Beschaffung von Tieren an. Hingegen fühlte man sich innerhalb des Verbandes zu wenig vertreten und würde sich über vermehrte Aktivitäten auf dem Gebiet der Weiterbildung freuen.
Verbesserung der Nutzung des genetischen Potentials
Professor K. J. Peters machte detaillierte Ausführungen zu den Potentialen der Zuchtarbeit. Es wurde deutlich, dass die Milchleistung in Deutschland im Gegensatz zu vielen europäischen Nachbarländern stagniert. Böcke werden häufig ausschließlich nach Exterieur ausgewählt. Insbesondere größere Milcherzeuger sind immer weniger bereit, den hohen Aufwand der Milchleistungsprüfung zu betreiben (im Vergleich zum Rind anteilsmäßig deutlich höhere Kosten). Deshalb plädierte der Referent für den Einsatz vereinfachter Prüfmethoden. Untersuchungen zeigten, dass auch 4 x 1 Probegemelk anstatt 8 x 2 Probegemelke innerhalb einer Laktation ausreichend genaue Ergebnisse liefern können (flacherer Verlauf der Leistungskurve im Vergleich zum Rind!). Den speziellen Strukturen in Deutschland angepasst wurde die Einführung eines Jungbockzuchtprogrammes empfohlen, das zur züchterischen Bewertung des Jungbockes zunächst auf die Vorfahrensleistung sowie die der Seitenverwandten zurückgreift. Modellrechnungen würden einen jährlichen Zuchtfortschritt von 20 l/ Ziege und Jahr erwarten lassen.
Mittlere Milchleistungen auch mit Heu mäßiger Qualität erzielbar.
Im dritten Vortrag beleuchtete Frau Dr. C. Kijora (ebenfalls Humboldt- Universität Berlin) die Möglichkeiten des Einsatzes von extensiv erzeugtem Heu für die Ziegenmilcherzeugung. Der Einsatz guten Grundfutters ist Voraussetzung für eine effiziente Milcherzeugung. Eine schlechte Grundfutterqualität führt zu einer verschlechterten Verwertung des eingesetzten Kraftfutters. Insbesondere bei Teilnahme an Kulturlandschaftspflegeprogrammen (keine Düngung, späte Nutzung) kann man jedoch nur mit mäßigen oder geringen Heuqualitäten rechnen. Bei der vorgestellten Untersuchung ging man davon aus, dass auch in extensiv erzeugtem Heu minderer Qualität unterschiedliche Pflanzenanteile enthalten sind, deren qualitativ hochwertigeren Anteile aufgrund des hervorragend ausgeprägten Selektionsverhaltens der Ziege für die Milcherzeugung verwertet werden könnten. Die Ausführungen basierten auf den Ergebnissen eines Fütterungsversuches mit qualitativ gutem und mäßigem Heu. Bei mengenmäßig gleicher Kraftfuttermenge und Begrenzung der Heugabe (1,9 kg pro Tier und Tag) war die Milchleistung (150- Tage) gegenüber der Gruppe mit gutem Heu um 21 l geringer (543 l bei Gruppe mit gutem Heu, 522 bei Gruppe mit mäßigem Heu). Bei Steigerung des Angebotes des mäßigem Heus auf ad lib. – Niveau (2,9 kg /Tier und Tag) stieg die Leistung auf 551 l an. Diese Leistungssteigerung basierte, anders als erwartet, eher auf einer gesteigerten Trockensubstanzaufnahme aus dem Heu (+ 0,439 kg gegenüber der bei mäßiger Heuqualität rationierten Gruppe) als auf stärkerer Futterselektion der hochwertigeren Heukomponente. Es wurde vermutet, dass die relativ hohe Kraftfuttergabe von ca. 1,25 kg Trockensubstanz die „Motivation“ zu selektivem Fressverhalten beeinträchtigte. Weitere Untersuchungen bei geringerem Kraftfutterangebot werden folgen.
Gute Marktchancen für Ziegenmilcherzeuger in der Region
Im letzten Tagesordnungspunkt wurden Chancen für die Vermarktung vom Ziegenmilchprodukten aus der Region diskutiert. Zunächst legte Herr Kupa von der Öko- Dorf Brodowin - Meierei – GmbH seine Erfahrungen mit der Ziegenmilchvermarktung dar. Der Betrieb arbeit nach den Regeln des Demeter- Anbauverbandes. Pro Jahr werden 2,3 Mio. l Kuhmilch verarbeitet. Seit 2 Jahren gehören auch Ziegenmilcherzeugnisse zur Produktpalette. Die Verarbeitungsmenge hat sich gegenüber dem Vorjahr von 27.000 auf 47.000 l erhöht. Der Erzeuger erhält 0,67 €/ l Milch. Am günstigsten erscheint unter den gegebenen Bedingungen der Absatz von Frischkäse (Verkauf an Großhandel ab 11,-€ /kg).Der Verkauf von Frischmilch ist begrenzt. Scheinbar sind die von der Kuhmilchstrecke vorhandenen Abpackungsgrößen von 1 l für den Ziegenmilchsektor zu groß. Der Markt wird als ausbaufähig eingeschätzt. Neue Marktnischen könnten sich in Bezug auf Mager- Ökokäse entwickeln.
Herr Wolters berichtete über die konventionelle Ziegenkäseproduktion und dessen Vermarktung im Unternehmen "Uckerkaas - Bauernkäserei Wolters GmbH". Hier wird ebenfalls seit zwei Jahren in zunehmendem Umfange Ziegenmilch aufgekauft (2005 – 30000 l, 2006 - 6000 l). Die Verarbeitungskosten liegen bei 0,40 €/ l Milch bzw. 3,50 €/ kg Schnittkäse.
Es wurde auf die rasante Entwicklung der Ziegenmilchverarbeitung im Ausland am Beispiel der Niederlande eingegangen. Hier stieg die produzierte Milchmenge von 9,0 Mio. l (1983) über 50 Mio. l (1999) auf derzeit 150 Mio l an. Die Ziegenkäseproduktion lag 2004 bei 9000 t (Deutschland 2100 t) und stieg damit gegenüber 2000 innerhalb kurzer Zeit auf nahezu das 2,5-fache (in Deutschland auf das 1,4-fache). Inzwischen existieren in den Niederlanden 330 professionelle Ziegenmilchbetriebe mit durchschnittlich 500 Ziegen und einer durchschnittlichen Milchproduktion von jährlich 430.000 kg je Betrieb. Die Milch wird sehr effizient produziert und verarbeitet . Dies ist u.a. am Berliner Markt zu spüren, wo holländischer Ökokäse zu Preisen angeboten wird, die einheimische Erzeuger für konventionell erzeugten Ziegenkäse verlangen. Weitere Steigerungen der Exportraten werden erwartet, da bei der hohen Effizienz die niederländischen Erzeuger mit einem Milchpreis von 0,37 €/ l gut existieren können und deshalb der Ziegenkäse preiswert angeboten werden kann. Man darf jedoch in Zukunft darauf gespannt sein, wie die Niederländer auf die eventuelle Abschaffung der Milchquote auf dem Kuhmilchsektor reagieren werden. Denkbar wäre, dass die Milcherzeuger sich dann verstärkt der Kuhmilcherzeugung zuwenden und die Ziegenmilcherzeugung stagniert oder abnimmt.
Herr Wolters stellte heraus, dass wir in Brandenburg, um konkurrenzfähig sein zu können, viel mehr Ziegen, größere Tierkonzentrationen und Milchverarbeitungskapazitäten in Marktnähe bräuchten. Auf jeden Fall ist der Markt für Ziegenmilchprodukte ausbaufähig.
Lebhaft wurde diskutiert, dass die Ziegenhaltung als Sektor mit nachhaltigen Marktchancen als alternative Quelle zur Erzeugung eines Einkommens in ländlichen Räumen gefördert werden müsste. Dies gilt es, verstärkt in der Politik deutlich zu machen.
Dr. M. Jurkschat