Zitate zum Bund-Länder-Milchgespräch

Landwirtschaft

Bund-Länder-Milchgespräch

Zwischen Milchgipfel des Bundeslandwirtschaftsministeriums [1] und einer Sonder-Agrarministerkonferenz in Brüssel zum gleichen Thema im Juli, hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am Dienstag die Länder ausführlich über das Treffen mit der Milchwirtschaft informiert. Danach gab es folgende Stimmen:

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt:

„Die Krise am Milchmarkt ist mehr als eine Marktkrise. Sie bedroht die Existenz unserer Bauern. Die bäuerliche Landwirtschaft ist unersetzlich für Deutschland. Sie schafft sichere und gute Produkte, sorgt für Landschaftspflege und sichert Arbeitsplätze und Sozialstrukturen auf dem Land. In der sozialen Marktwirtschaft ist es Aufgabe des Staates, Verwerfungen am Markt abzufedern. Der Preis für einen kompletten Strukturbruch ist mir zu hoch. Deshalb haben und werden wir die Landwirtschaft mit finanziellen Hilfen in Not-Zeiten unterstützen. Aber: Wir können nicht mit Steuergeldern die gesamten Verluste in der Landwirtschaft kompensieren. Und, finanzielle Not-Hilfen müssen nachhaltig zur Lösung der Krise beitragen. Die Länderminister haben mir heute ihre Unterstützung für die Verhandlungen in Brüssel für ein weiteres EU-Hilfspaket zugesagt. Mein Ziel ist es, EU-Gelder durch einen nationalen Beitrag von Bund und Ländern zu einem großen Hilfspaket zusammenzuführen. Ich habe viele positive Signale der Länderagrarminister erhalten, einen Beitrag zu einem großen Hilfspaket leisten zu wollen. Zur Unterstützung der Lösung der aktuellen Milchkrise wollen wir weitere Hilfen an eine Begrenzung der Milchmenge koppeln. Das ist keine staatliche Milchquote, sondern ein finanzieller Anreiz für eine bessere Mengenregulierung innerhalb des Marktes. Unser gemeinsames Ziel ist: Weniger Milch für bessere Preise. Die notwendigen rechtlichen Grundlagen dazu müssen gefunden werden. Die Länder haben angekündigt, Modelle zu entwickeln und auf einer Sonder-AMK am 15. Juli vorzustellen. Die staatliche Unterstützung entbindet die Wirtschaftsbeteiligten nicht von Ihrer Verantwortung. Die Marktbeteiligten müssen zu einer Reduzierung der Milchmenge kommen und sichtbare Schritte für Strukturanpassungen auf den Weg bringen. Die Branche muss die rechtlichen Rahmenbedingungen und Instrumente nutzen, um zu einem besseren Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu kommen. Der Bundesrat wird in seiner kommenden Sitzung am 17. Juni das Agrarmarktstrukturgesetz verabschieden. Molkereien und Erzeugergemeinschaften haben dann die Möglichkeit Absprache über die Reduktion der Milchmenge zu treffen. Ich erwarte, dass sie davon Gebrauch machen. Mit dem von mir initiierten Branchendialog haben wir einen ersten Schritt in Richtung einer intelligenten Rohstoffplanung gemacht. Dieser Bereitschaft der Marktbeteiligten müssen jetzt unmittelbar Taten folgen.“

Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP):

„Ich bedauere sehr, dass das Treffen der Agrarminister ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen ist. Ich nehme die Situation der Milchbauern sehr ernst. Rheinland-Pfalz wird seinen Beitrag leisten, den Milchbauern aus der existenziellen Krise herauszuhelfen. Das Konzept von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt überzeugt mich jedoch noch nicht. Finanzielle Hilfen alleine werden die Probleme der Bauern nicht lösen, sondern langfristig noch verschärfen. Wir brauchen eine nachhaltige, marktwirtschaftliche Lösung, die es den Betrieben ermöglicht, mit ihrem Produkt faire Preise am Markt zu erzielen.“

Kirsten Tackmann, Sprecherin für Agrarpolitik der Fraktion (Die Linke):

„Die Liquidations- und Steuerhilfen verlängern die Milchkrise nur, wenn die Ursache unangetastet bleibt. Der Bundesminister blendet weiter die Ursachen der Krise aus und will sich das durch die Länder kofinanzieren lassen, während Molkerei- und Handelskonzerne weiter profitieren. Eine kurzfristige Mengenreduzierung ist europaweit nötig, um den Preissturz aufzuhalten. Hier muss Politik handeln und langfristig dafür sorgen, dass die strukturellen Ursachen der Krise behoben werden. Den Milchbäuerinnen und -bauern bleibt vorerst nur, weiter zu versuchen, durch noch mehr Milch wenigstens die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Ohne die Marktübermacht von Molkereien und Supermärkten zu beenden, läuft auch die kleine Öffnung im Agrarmarktstrukturgesetz ins Leere. Die Position der Erzeuger muss gestärkt werden. „Die Linke“ fordert endlich faire Erzeugerpreise und eine faire Gewinnverteilung bei der gesamten Produktionskette. Das haben alle verdient, die tagtäglich für unsere Versorgung und ländliche Arbeitsplätze kämpfen. Die Politik hat die Verantwortung, über die Entwicklung der einheimischen Milchproduktion zu entscheiden. „Die Linke“ fordert regionale und transparente Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen und eine wahre und klare Kennzeichnung, der man vertrauen kann. Dann können auch die Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden, wer den Wettbewerb gewinnen soll. Und die Betriebe wissen, was wirklich gebraucht wird.“

Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen):

Wir haben massive Auseinandersetzungen in der Landwirtschaft. Die Milchkrise trifft sehr viele Bäuerinnen und Bauern sehr hart. Der Milchpreis ist dermaßen im Keller, dass man schon nicht mehr von einem Strukturwandel, sondern von einem drohenden Strukturbruch sprechen kann. Der Strukturbruch kann dazu führen, dass sehr viele Milchbäuerinnen und Milchbauern aufgeben müssen. Das sogenannte Maßnahmenpaket, das bei diesem sogenannten Milchgipfel beschlossen worden ist, ist eine Verhöhnung der Betroffenen. Die Erleichterungen im Versicherungsbereich genügen gerade, um die Verluste der Betroffenen für einen Tag auszugleichen. Aber der Monat hatte mehr als einen Tag. Und zu den Maßnahmen bei Steuererleichterungen auf Gewinne bleibt zu sagen: Die Milchbauern machen alle keine Gewinne mehr. Deswegen hilft Ihnen das auch nicht. Deshalb muss dieser bornierte Minister endlich die einstimmigen Beschlüsse der Länderagrarministerkonferenz umsetzen. Da haben vom CSU-Landwirtschaftsminister aus Bayern bis zu allen grünen Landwirtschaftsministern gemeinsam beschlossen, dass endlich die Menge reduziert werden muss, damit es wieder zu einem fairen Preis kommt für die Milchbäuerinnen und Milchbauern. Und anstatt diese Beschlüsse umzusetzen, spielt der Minister weiter auf Zeit und riskiert damit, dass weiterhin noch viele Höfe am Ende bedroht sind und dass viele Milchbäuerinnen und Milchbauern aufgeben müssen.“

Die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen):

„Das Treffen auf Einladung des Bundesagrarministers Christian Schmidt hat zu keinem neuen Ergebnis geführt. Obwohl klar ist, dass es keine freiwillige Vereinbarung innerhalb der Branche für einen angemessenen Milchpreis geben wird, hat der Bundesminister keinen konkreten Vorschlag in das Gespräch mitgebracht, wie eine Mengenreduzierung künftig an die Bundesprogramme geknüpft werden kann. Das bedeutet: Wir sind heute keinen Schritt vorangekommen. Ich persönlich bin ehrlich besorgt, denn für viele Betriebe wird es zunehmend existenzgefährdend. Die Landesministerinnen und -minister haben im Anschluss an das Gespräch mit dem Bundesminister verabredet, sich bei einer Sonder-Agrarministerkonferenz im Juli in Brüssel erneut zu treffen, um sich über europäische Lösungswege zu verständigen.“

Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen):

„Mit seiner Sackgassen-Politik in der Milchkrise isoliert sich Bundesagrarminister Christian Schmidt immer mehr. Seine Ablehnung von verpflichtenden, europaweiten Mengenreduzierungen ist ein Irrweg. Damit lässt Herr Schmidt Tausende Milchbauern im Regen stehen. Statt Hilfe nach dramatischem Preisverfall will er die Bauern mit Almosen und Subventionen abspeisen, die nichts weiter sind als Tröpfchen-Infusionen. Wenn er so weitermacht, wird er als Hauptverantwortlicher für das größte Höfesterben in der Geschichte der Milchviehhaltung eingehen. Selbst in den eigenen Reihen bröckelt die Unterstützung für Herrn Schmidt. Es ist bezeichnend, dass Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am gestrigen Montag einen eigenen Milchgipfel und noch dazu anders als Herr Schmidt mit allen betroffenen Bauernverbänden veranstaltet und dabei seinem CSU-Kollegen die Richtung gewiesen hat. Herr Schmidt weigert sich offenbar weiter, die Forderungen des Bundesrates heute (Dienstag) sowie den Beschluss der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) in Göhren-Lebbin in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen und Geld für Mengen reduzierende Maßnahmen am Milchmarkt zur Verfügung zu stellen. Ein solches Versagen des Bundesministers wollen die Länder aber nicht hinnehmen. Und deshalb werden wenigstens sie ihrer Verantwortung für den Erhalt einer flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft gerecht: Es wird am 15. Juli dieses Jahres eine Sonder-AMK in Brüssel stattfinden – zusammen mit EU-Agrarkommissar Phil Hogan, Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll und natürlich auch Vertretern des Bundes. Und dann muss es darum gehen, den drohenden Strukturbruch im Milchsektor durch zeitlich begrenzte obligatorische Mengenreduzierungen zu verhindern. Es ist zu viel Milch am Markt, die Menge muss runter. Das Grüne Sechs-Länder-Positionspapier ist berechtigter denn je.“

Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD):

„Uns allen ist klar, dass wir trotz der bereits durch die Bundesregierung, den Bundestag und auf Länderebene beschlossenen Hilfsmaßnahmen noch mehr machen müssen, um einen harten Strukturbruch in der deutschen Milchwirtschaft und die damit verbundenen, weitreichenden Folgen für das Leben im ländlichen Raum überhaupt, zu vermeiden. Die Milchwirtschaft hat das Angebot der Agrarministerkonferenz vom April, über freiwillige Maßnahmen die Milchmenge zu reduzieren, tatenlos verstreichen lassen. Der Druck und die Notwendigkeiten bleiben. Die Handlungsmöglichkeiten der Politik, regulierend in den Milchmarkt einzugreifen, sind begrenzt. Nichtsdestotrotz unterstützen wir alle politischen Initiativen, Hilfen für die in Not geratenen Milchviehbetriebe auszuloten. Dafür brauchen wir Mehrheiten in der EU und auch mehr Geld. Brandenburg begrüßt deshalb den Vorschlag, im Juli eine Sonderagrarministerkonferenz in Brüssel einzuberufen, um dort auch EU-Agrarkommissar Phil Hogan in die Verantwortung zu nehmen. Wir brauchen zwingend eine europäische Lösung, weil es niemanden nützt, wenn in Deutschland die Milchmenge reduziert wird und andere Länder die Produktion weiter hochfahren.“

Landwirtschaftsminister Peter Hauk in Baden-Württemberg (CDU):

„Regionalität, Heimatgefühl und Qualität sind immer mehr die Kriterien, die kaufentscheidend für Verbraucherinnen und Verbraucher sind. Hierin liegt ein Schlüssel, wie wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe auf Landesebene unterstützen und somit einen Beitrag für deren Zukunft im Markt leisten können. Alle waren sich einig, dass die Milchmenge zu hoch ist, über Möglichkeiten der Regulierung waren wir uns nicht einig, an dieser Stelle muss aber weiter gesprochen werden. Ein Zurück zur staatlichen Quote wird es nicht geben. Wenn der Markt die Milchwirtschaft bestimmt, dann sind alle Marktpartner gefordert, Lösungen zu finden. Die Politik kann nur Rahmenbedingungen schaffen. Ich will weiterhin Milchwirtschaft in Baden-Württemberg. Ich will, dass unsere Wiesen bewirtschaftet, regionale Produkte angeboten werden und unsere Kulturlandschaft erhalten bleibt. Dafür kämpfe ich.“

Lesestoff:

[1] Geldspritze verlängert das Leiden und Bundestagsdebatte zur Milchkrise

VLE, roRo

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