Zoonosen und Agrarstruktur

Landwirtschaft

Lebensmitteinfektionen bleiben gefährlich

Die EHEC-Infektion hat Deutschland gerade erst verlassen, doch Salmonellen und Campylobacter stehen bei den Seuchenexperten weiterhin ganz oben auf der Liste. Zwei Drittel der menschlichen Erkrankungen wird durch Zoonosen hervorgerufen, weswegen der Springer-Verlag in Berlin zu einem wissenschaftlichen Gespräch mit verschiedenen Experten einlud.

Hygiene wichtiger als Agrarstruktur

Nach Prof. Georg Baljer vom Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Justus Liebig-Universität Gießen stehen Lebensmittelinfektionen in absoluten Zahlen bei menschlichen Erkrankungen an erster Stelle. Oft kommen sie von Nutztieren, die allerdings eine „stille Infektionsquelle“ sind. Tierhaltern sei daher schwer zu vermitteln, etwas gegen Salmonellen und Campylobacter zu tun. Für die Menschen gilt nach wie vor, dass Hygiene die wichtigste Maßnahme gegen Lebensmittelinfektionen ist.
Ob allerdings die oft gescholtene „Massentierhaltung“ Grund für die Infektionen sind, beantworten die Experten differenziert. In Großbestände können Krankheiten schnell eingeschleppt werden und verbreiten sich auch schneller, führt Prof. Martin Groschup vom Institut für neuartige Tierseuchenerreger am Friedrich Loeffler-Institut auf der Insel Riems aus. Die Bedingungen für ein Infektionsgeschehen seien a priori besser als bei einer Vielzahl kleiner Betriebe. Das gelte aber mehr für Geflügel als bei Schweinen und Rindern. Daher komme es auf den einzelnen Fall an.
Prof. Baljer ergänzt, dass auch die kleinen Betriebe den Erreger in sich tragen. Bei einer Übertragung auf den Menschen sei der betroffene Personenkreis kleiner. Wichtiger als die Größe des Betriebes ist das Hygienemanagement des Betriebsleiters. Ob die Tiere sich in einem Legehennenkäfig oder in der Bodenhaltung eher gegenseitig anstecken, sei eine „ewige Diskussion“. Man müsse sich daran erinnern, dass die Menschen unter den alten kleinstrukturierten Haltungsbedingungen unter Tuberkulose und Brucellose litten. Biobetriebe haben jedoch einen deutlichen Vorteil: Da sie weniger Antibiotika einsetzen, bilden die Erreger in den Nutztieren weniger Resistenzen aus.
Am wichtigsten sei daher das Monitoring von Krankheiten. EHEC habe gezeigt, so Prof. Baljer, wie wichtig Erregerdatenbanen sind. Innerhalb kurzer Zeit wurde das Genom des EHEC-Erregers entschlüsselt. Voraussetzung für eine Bekämpfung und Eindämmung des Krankheitsausbruchs.

Tierarzt und Hausarzt

Generell werden Zoonosen bedeutender. Nach Prof. Groschup hat das für Menschen und Pferde gefährliche West-Nil-Fieber Südeuropa, Frankreich, Ungarn und Österreich bereits erreicht. Das Rift-Valley-Fieber befällt Wiederkäue und Menschen und ist derzeit noch von Europa weit weg. Das muss aber nicht so bleiben. Die Experten sind allerdings der Meinung, dass der globale Handel und die Reisetätigkeit der Menschen Zoonosen besser und weiter Ausbreiten helfen als der Klimawandel. Der Klimawandel komme manchem stechendem Insekt entgegen, dass sich in den wärmeren Sommern nordwärts ausbreite. Sie tragen als Vektoren einen Erreger in sich, erklärt Prof. Dr. Drosten vom Institut für Virologie der Uniklinik Bonn.
Prof. Drosten sucht in Afrika nach potenziell gefährlichen Erregern. Mit vergleichenden Analysen mit bekannten Erregern kann er gefährliche Proteinsequenzen ermitteln und zumindest in „gefährlich“ oder „ungefährlich“ einteilen.
Während die Forschung gut zusammenarbeitet, hängt das wechselseitige Engagement zwischen Tier- und Hausarzt von den Einzelnen Akteuren ab, bekräftigt Prof. Klaus Stark vom Robert Koch-Institut. Es gibt Regionen, da informieren sich die Ärzte auf kurzem Dienstweg informell, oft sind die Beteiligten auf die offiziellen Meldewege angewiesen. Nach Prof. Stark gebe es hier noch Verbesserungsbedarf.

EFSA-Resistenzbericht

Am Dienstag hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA zusammen mit dem European Center for Disease Prevention and Control seinen Bericht über Antibiotika-Resistenzen bei zoonotischen Bakterien herausgebracht. Die Schlüsselnachrichten sind:
Beim Menschen sind Campylobacterbakterien zu 47 Prozent resistent gegen Ciprofloxacin, zu 43 Prozent gegen Ampillicin und zu 40 Prozent gegen Nalidixic acid. Salmonellen sind gegen verschiedene Antibiotika zu rund 20 Prozent resistent, gegen die dritte Antibiotka-Generation zu zehn Prozent.
Campylobacter bei Tieren sind gegen Ciprofloxacin zu 46 Prozent bei Gefügel resistent und zur Hälfte beim Schwein. Salmonellenarten sind gegen Ampillicin resistent: Bis zu 60 Prozent in Shweinebeständen, zu 40 Prozent bei Rindern und jede dritte Salmonellenart beim Geflügel.

Lesestoff:
www.efsa.europa.eu/
Zoonosen durch Schmusetiere
One World, one health

Roland Krieg

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