Zulassungsdesign
Landwirtschaft
„Risiken mit amtlichem Siegel“
Die Studie von Dr. Carrasco über Glyphosat ist
überzeugend und plausibel. Der Wirkstoff für Pflanzenschutzmittel im Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen führt bei Fröschen und Hühnern zu
Missbildungen im Embryonalstadium. Doch ist die Injektion wirklich das Mittel der
Wahl beim Versuchsaufbau?
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat dem
Mais Mon810 die Zulassung entzogen, weil eine Studie beim Zweipunkt-Marienkäfer
erhöhte Sterblichkeitsraten nachgewiesen hat. Die Studie geriet alsbald in die
Kritik anderer Wissenschaftler, die mittlerweile mit einem verbesserten
Studiendesign zu gegenteiligen Aussagen kommen.
Wurden bei der Langzeitfütterungsstudie von Mon810 an
der TU München kranke Kühe zur Verbesserung des Ergebnisses ausgetauscht, oder
fand über den Versuchszeitraum die normale Herdenergänzung statt, wie sie im bäuerlichen
Alltag üblich ist?
Verbraucher werden diese Fragen nie beantworten können.
Auch Agrarjournalisten nicht. Nirgends ist der Weg zur Wahrheit so kurvenreich
wie bei der grünen Gentechnik. Alle misstrauen allen.
Wissenschaftstheorie
In der Wissenschaft gilt ein Ergebnis als wahr, wenn es
weltweit unter gleichen Bedingungen jederzeit reproduziert werden kann. Die
Wiederholbarkeit von Studie und Ergebnissen ist ein Prüfkriterium. Doch
arbeitet die Wissenschaft auch mit relativen Wahrheiten, die bis zu ihrer
Widerlegung als absolut gelten müssen.
Metastudien sind Zusammenfassungen von vielen Einzelstudien
mit unterschiedlichen Ergebnissen und nähern sich auf diesem Wege einer Entscheidungsgrundlage.
Die einzelne Studie braucht ein vernünftiges Design haben.
Zulassungen überprüfen
Und genau hier setzt die Petition des Bund Ökologische
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) an, die Zulassung von gentechnisch veränderten
Pflanzen neu zu regeln. Christoph Then vom Institut für unabhängige
Folgenabschätzung hat die Lücken in den durchgeführten Studien und ihren
Bewertungen analysiert und dabei „massive Lücken“ ausfindig gemacht. Es werden
nicht nur die spezifischen Gefahren der Gentechnik vernachlässigt, sondern auch
die Nähe zwischen Industrie und Europäischer Lebensmittelbehörde (EFSA) sorgen
für Kritik.
Hierin liegt die Stärke der Studie zur Unterstützung der
Petition. Solange es in Europa kein Studiendesign und kein für alle
akzeptiertes Zulassungsverfahren gibt, werden bei der grünen Gentechnik
weiterhin die Kontroversen überwiegen.
Forderungen
Die amtliche Zulassung berücksichtigt nach Then und
BÖLW keine Gefahren, die spezifisch aus der Anwendung der grünen Gentechnik
stammen. Die Bewertung der EFSA nach dem Konzept der „vergleichenden
Risikoprüfung“ werden die gleichen Risiken herangezogen wie bei der
konventionellen Züchtung. Die Industriestudien genügen oftmals nicht den
Standards wissenschaftlicher Publikationen. Es gibt keine Analysen für Folgeanwendungen
wie Herbizide, die im Zusammenhang des GVO-Anbaus verwendet werden.
Daher müssen Prüfungen durch ein umfassenderes
Verfahren erweitert werden. So sollen nach Dr. Felix Prinz zu Löwenstein,
Vorstandsvorsitzender des BÖLW, neben Mikrobiologen auch Gewässerkundler an den
Bewertungen beteiligt werden. Außerdem müssen „akkumulierte Effekte, die durch
den gleichzeitigen Anbau oder den Verzehr von verschiedenen gentechnisch
veränderten Pflanzen entstehen“ untersucht werden. Gestärkt werden soll die
unabhängige Risikoforschung, die mit klaren Richtlinien die verschiedenen
Interessenskonflikte verhindern könne.
Es gibt offenbar Bedarf, gemeinsam über die
Zulassungskriterien zu sprechen und diese gründlich zu überarbeiten.
Lesestoff:
Die Studie zur Zulassungsprüfung finden Sie unter www.boelw.de -> Gentechnik
Die neue Studie zum Zweipunkt-Marienkäfer gibt es hier
Argentinische Studie zu Glyphosat (Teil I)
Petitionsausschuss (Teil II)