Zusammenarbeit BMZ und Gates Stiftung
Landwirtschaft
Dirk Niebel und Bill Gates unterzeichnen Kooperation
Am Mittwoch haben
Microsoft-Chef Bill Gates und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel eine
engere Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Bill & Melinda Gates Stiftung
vereinbart. Die Vereinbarung betrifft die Bereiche globale Gesundheitspolitik,
Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Trink- und Abwasser, Stadtentwicklung
sowie die Mikrofinanzierung.
Für Dirk Niebel
ist die Kooperation „ein wichtiges Beispiel, wie die deutsche
Entwicklungspolitik sich mit Partnern aus der Zivilgesellschaft und
Privatwirtschaft zusammentut“. Ziel ist eine deutliche Steigerung der
Wirksamkeit von Entwicklungshilfe. Nach Niebel soll einer der Schwerpunkte auf
dem Bereich neuer Finanzierungsinstrumente liegen.
Aufschlag für
Impfpolitik
Der zweite
Schwerpunkt betrifft die internationale Impfpolitik. Deutschland unterstützt
seit 2006 die „Global Alliance for Vaccination and Immunization (GAVI) mit
Ausnahme des Jahres 2008 mit jährlich vier Millionen Euro. In diesem Jahr sind
es sechs Millionen – plus einem
Aufschlag in Höhe von 14 Millionen. Die Gates Stiftung wird in Form
eines „Matching“ den Aufschlag verdoppeln. Sollte das BMZ auf der
Auffüllungskonferenz in diesem Juni noch einmal zusätzliche Mittel für die
beiden nächsten Jahre ankündigen, folgt die Gates Stiftung mit neuem Geld.
Bill Gates freut
sich über die Vereinbarung und will mit „kluger Hilfe“ Lebensbedingungen
verbessern, die Leben retten. GAVI setzt Schwerpunkte bei Malaria, AIDS und
Tuberkulose.
Die „große Hilfe“
Bill Gates
gründete zusammen mit seinem Vater 1994 eine Stiftung, um die Anzahl von
Notebooks in Schulen zu erhöhen. Sechs Jahre später bewirkte seine Frau Melinda
einen Richtungs- und Namenswechsel. Die Stiftung setzt sich für Kinder und
Bauern ein.
Die Bill &
Melinda Gates Stiftung wird auch kritisch gesehen. Das Stiftungskapital beträgt
36,7 Milliarden US-Dollar. Seit der Gründung wurden Fördergelder in Höhe von
24,45 Milliarden US-Dollar vergeben – alleine im letzten Jahr 2,6 Milliarden,
rund ein viertel des deutschen Entwicklungsetats. Kritiker fürchten, dass die schiere
Größe und Prominenz der Stiftung lokale Projekte verdränge. Zivile und
kirchliche Entwicklungsorganisationen kritisieren, dass die Stiftung die grüne
Gentechnik unterstützt. So bekam die Alliance for a Green Revolution in Africa
bislang 265,5 Millionen US-Dollar.
Auf der anderen
Seite stellte Buchautor Robert Paalberg („In Need of a Green Revolution“) fest,
dass die Gates Stiftung oftmals mehr umsetze als die Politik.
„Entwicklungsschatzbrief“
Die Kooperation
mit der Gates Stiftung passt in das Verständnis der deutschen
Entwicklungspolitik. Bis zum Jahr 2015 will die Bundesregierung ihr Ziel
erreicht haben, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe
bereit zu stellen. Das gehe nicht alleine aus dem BMZ-Etat, so Niebel: „Wir
gehen neue Wege mit innovativen Finanzierungsinstrumenten und setzen dabei auf
die Nutzung des Sondervermögens Energie- und Klimafonds, auf starke
Partnerschaften mit der Wirtschaft und mit privaten Gebern.“
Aktuell hat die
Bundesregierung eine Quote von 0,38 Prozent erreicht. Im Vorjahr waren es 0,35
Prozent. Damit ist die Gesamtsumme der Entwicklungshilfe von 8,67 auf 9,6
Milliarden Euro angestiegen.
Niebel will mit
einem „Entwicklungsschatzbrief“ die Entwicklungspolitik stärker in der
Gesellschaft verankern. Anleger sollen durch Zinsverzicht einen Beitrag für die
nachhaltige Entwicklung in ärmeren Ländern leisten.
„Deutschland verfehlt „Entwicklungshilfeziel“
Der prozentuale
Anstieg der öffentlichen Entwicklungshilfe sind terres des hommes und der
Welthungerhilfe nicht genug. In absoluten Zahlen ist das Budget von 12,079 auf
12,723 Milliarden Euro angestiegen. Die 0,38 Prozent wurden bereits 2008
erreicht und die Quote lag Anfang der 1980er Jahre beim bisherigen Höchstwert
von 0,47 Prozent. Danuta Sacher, Geschäftsführerin
von terres des hommes fordert die Bundesregierung auf, ihren internationalen
Verpflichtungen nachzukommen. Brian Atwood, Vorsitzender des
OECD-Entwicklungsausschusses, hatte vorgeschlagen, die
Entwicklungshilfeversprechen mit konkreten Plänen abzusichern.
Im letzten Jahr
musste Minister Niebel klar stellen, dass er am 0,7-Prozent-Ziel festhalten
wolle. Zuvor hatte er offen gelassen, ob das Volumen oder die Wirksamkeit der
Entwicklungshilfe die entscheidende Größe sei. Für Wolfgang Jamann, Generalsekretär
der Welthungerhilfe keine Frage: Die Wirksamkeit steigern zu wollen, sei eine
begrüßungswerte Selbstverständlichkeit. „Aber ohne ausreichende Finanzmittel
können weder Schulen noch Krankenhäuser effektiv arbeiten noch Straßen gebaut
oder Trinkwassersysteme errichtet werden. Im Gegenteil: Die Unterfinanzierung
von Entwicklungsprogrammen untergräbt ihre Wirksamkeit.“
EU größter Geldgeber
EU-Entwicklungskommissar
Andris Piebalgs ist mit dem Volumen der EU-Gelder zufrieden. Im Jahr 2010 haben
die 27 Mitgliedsstaaten 53,8 Milliarden Euro Entwicklungshilfe gezahlt – rund 4,5
Milliarden mehr als im Vorjahr. Damit stammen die Hälfte der Entwicklungsgelder
aus der EU.
Mit Luxemburg
(1,09 %), Schweden (0,97), Dänemark (0,90) und den Niederlanden (0,81) haben
vier Mitgliedsstaaten das versprochene Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens
bereits erfüllt. Fünf weitere Länder liegen oberhalb des definierten
Zwischenschrittes von 0,51 Prozent. Die EU insgesamt schafft 0,41 Prozent. In
der Rangliste der 15 „alten“ Mitgliedsstaaten rangiert Deutschland auf Platz
elf. Die ab 2004 hinzugekommenen Mitgliedsstaaten hatten für 2010 das
Zwischenziel von 0,17 Prozent festgelegt – nur Zypern hat es mit 0,20
überschritten.
In absoluten
Zahlen kehrt sich das Bild um. Drei der fünf größten Geberländer der Welt
gehören ebenso zur EU: Frankreich, Deutschland und Großbritannien.
Lesestoff:
Die Gates Stiftung
fördert die Entwicklung von C4-Reis
Will Afrika grüne
Gentechnik?
Streit um das
0,7-Prozent-Ziel
Kürzlich hat das
Worldwatch Institut in seinem Buch „Hunger im Überfluss“ viele kleine Hilfen
als Positivbeispiele für eine kleinbäuerliche und regionale Entwicklung
aufgezeigt
Roland Krieg