Zweiter Erntebericht des DBV
Landwirtschaft
+++ 30.07.15 Erntezeit mit Süd-Nord-Gefälle
Die Getreide- und Rapsernte ist im Süden Deutschlands bisher deutlich schneller vorangeschritten als im Norden. In den südlichen Bundesländern haben die Landwirte die Ernte von Wintergerste, Winterweizen und Winterraps zu großen Teilen bereits beendet. Demgegenüber steht in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Westfalen erst die Ernte der Wintergerste vor dem Abschluss. Um die Ernte nach der niederschlagsbedingten Unterbrechung fortsetzen und abschließen zu können, warten die Landwirte auf einige trockene Sonnentage. Dies geht aus dem zweiten Erntebericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) hervor. Der Bericht basiert auf den Meldungen der Landesbauernverbände über die tatsächlich geernteten Mengen.
Die Getreideernte hatte nach der extremen Trockenheit im Frühjahr und im Frühsommer sowie der Hitzewelle im Juli bei guten Druschbedingungen recht früh begonnen. Viele Getreidebestände reiften aufgrund der ungewöhnlich hohen Temperaturen und von Wassermangel vorzeitig ab. Doch die aktuell wechselhafte Witterung mit Niederschlägen lässt eine Fortführung der Erntearbeiten nicht zu, die Mähdrescher stehen in weiten Teilen Deutschlands still.
Wintergerste: Die Ertragslage gestaltet sich in den Regionen Deutschlands in diesem Jahr äußerst heterogen. Die anhaltende Trockenheit hat vor allem in der Mitte Deutschlands, also in Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen, zu deutlichen Mindererträgen von 15 Prozent bis 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr geführt. Damit sind die Erträge in diesen Regionen unterdurchschnittlich. Dagegen erreichten die Erträge auf Standorten mit ausreichenden Niederschlägen vor allem in den norddeutschen Bundesländern und im äußersten Süden nahezu das sehr gute Vorjahresniveau. Da es sich bei den norddeutschen Bundesländern um wichtige Erzeugungsregionen für Wintergerste handelt, wirken sich die dort erzielten Erträge von 7,5 bis zu 10 Tonnen pro Hektar positiv auf den bundesdurchschnittlichen Ertrag aus. Der DBV rechnet damit, dass im Bundesdurchschnitt 7,2 Tonnen Wintergerste pro Hektar geerntet werden. Damit liegen die Erträge gut sechs Prozent unterhalb des Vorjahres. Wegen der höheren Anbaufläche (1,27 Millionen Hektar, + 3 Prozent gegenüber Vorjahr) wird sich die Wintergerstenernte auf 9,1 Millionen Tonnen belaufen und damit das Vorjahresniveau lediglich um 335.000 Tonnen unterschreiten.
Winterweizen: Bisher wurde Winterweizen vor allem im Süden Deutschlands geerntet. So konnten in Bayern, in Baden-Württemberg, im Saarland und im südlichen Teil von Hessen und Rheinland-Pfalz bereits mehr als die Hälfte des Winterweizens geerntet werden, regional sogar bis zu zwei Dritteln der Fläche. In den nord- und ostdeutschen Bundesländern steht der größte Teil des Weizens noch auf dem Halm; die Ernte hat erst begonnen bzw. wird – sofern die Witterung es zulässt – in den nächsten Tagen beginnen. Die bisherigen Ertragsmeldungen liegen mit minus zehn Prozent bis 15 Prozent deutlich unterhalb der guten Vorjahreserträge in Höhe von durchschnittlich 8,7 Tonnen pro Hektar. Auch wenn mit Bayern und Baden-Württemberg flächenmäßig bedeutende Weizenanbauregionen große Teile der Ernte eingefahren haben, lassen sich hieraus noch keine soliden Schätzungen für die bundesdeutsche Weizenernte ableiten. Es ist zu erwarten, dass das Ertragsniveau des Winterweizens in Abhängigkeit der Bodengüte und der Wasserversorgung ebenfalls stark schwanken wird. Winterweizen ist mit einer Anbaufläche von 3,25 Millionen Hektar die wichtigste Getreidekultur in Deutschland. Die Weizenfläche stieg gegenüber dem vergangenen Jahr um 94.000 Hektar bzw. 3 Prozent an.
Roggen: Sorgen bereitet vielen Landwirten die Roggenernte. Zwar ist Roggen mit einer Anbaufläche von 625.000 Hektar in Bezug auf die Getreideanbaufläche Deutschlands keine weit verbreitete Kultur. In den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt hat der Roggenbau bodenbedingt größere Bedeutung. Erste Druschergebnisse lassen aufgrund eines hohen Anteils an Schmachtkorn regional Mindererträge in Größenordnungen von bis zu 30 Prozent befürchten. Im Bundesdurchschnitt könnten die Erträge mit fünf Tonnen pro Hektar etwa 18 Prozent unterhalb des Vorjahresertrages liegen. Inwieweit sich diese Ertragserwartungen bestätigen, werden die Druschergebnisse der kommenden Tage zeigen, wobei sich die wiederkehrenden Regenschauer nicht positiv auf die Qualität des Roggens auswirken werden.
Winterraps: Im Norden Deutschlands mit dem größten Rapsanbaugebiet in Mecklenburg-Vorpommern konnte die Rapsernte noch nicht beginnen, abgesehen vom Probedrusch. Die Winterrapsflächen in Bayern und Baden-Württemberg sind zu mehr als der Hälfte gedroschen. Vergleichbares gilt für den äußersten Westen Deutschlands sowie für Sachsen-Anhalt und Teile Sachsens. Verlässliche Aussagen über die Gesamterntemenge sind vor diesem Hintergrund derzeit nicht möglich. Jedoch scheint sich die Prognose zu bestätigen, die Rapsernte 2015 werde deutlich kleiner ausfallen als im Vorjahr. Ursächlich hierfür ist der starke Schädlingsbefall im vergangenen Herbst. Dieser ist auf die Trockenheit im Frühjahr und die verbotene Beizung des Rapssaatgutes zurückzuführen. Zudem wirkt sich die mit 1,3 Millionen Hektar kleinere Anbaufläche (minus 90.000 Hektar) negativ auf das Ernteergebnis aus.
Getreidemarkt: Die Preise gestalten sich für die Ackerbauern zunehmend schwierig. Sie stehen an den Termin- und folglich an den Kassamärkten unter Druck. Trotz der im Vergleich zur Rekordernte 2014 kleineren Getreideernte wird eine gute Versorgung des Getreidemarktes erwartet. Entsprechendes gilt für die Europäische Union und die weltweite Versorgung. So könnte es nach aktuellen Schätzungen der EU-Kommission zwar zu einem Abbau der Lagerbestände kommen. Diese dürften sich zum Ende des Wirtschaftsjahres 2015/16 mit 46,6 Millionen Tonnen (- 2,6 Millionen Tonnen) Getreide aber dennoch auf einem komfortablen Niveau befinden. Auch die weltweite Weizenproduktion wird nach den jüngsten Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums die globale Nachfrage decken und gleichzeitig noch einen Bestandsaufbau ermöglichen.
Während die Weizennotierungen an der Warenterminbörse in Paris Anfang Juli noch die Marke von 200 Euro pro Tonne überschritten, befinden sich die Börsenkurse aktuell wieder auf einem Niveau von gut 181 Euro pro Tonne. Eine ähnliche Entwicklung durchliefen die Rapsnotierungen, die ausgehend von nahezu 400 Euro pro Tonne innerhalb eines Monats um rund 25 Euro pro Tonne nachgegeben haben. Übertragen auf den Kassamarkt folgen hieraus Erzeugerpreise von 150 bis 180 Euro pro Tonne Weizen. Für Raps erhalten Erzeuger derzeit 340 bis 370 Euro pro Tonne.
DBV