Zwerg-Zebus in MV
Landwirtschaft
Haustierrassepark Lelkendorf
Fast 24 Millionen Übernachtungen sind auf den Bauernhöfen dokumentiert und zeigen nach Ansicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) wie attraktiv dieser Urlaub ist. Die Tourismusmesse in Berlin hatte zudem gezeigt, dass das absehbare Ende von billigen Flugreisen und die Urlaubsangebote für junge Menschen dem Landtourismus weitere Entwicklungs- und Wachstumschancen bieten. „Die größte Bestätigung“, so er DBV, „für den Erfolg des Bauernhofurlaubs zeigt sich jedoch in der hohen Zahl der Stammgäste. In knapp zwei Drittel der Betriebe ist mindestens jeder vierte Urlaubsgast langjährig treuer Kunde“. Auch Peter Loebnitz vom Haustierrassepark in Lelkendorf sprach bei der Betriebsbesichtigung gerne über seine Stammgäste.
Nutztiere statt Streichelzoo
Auf dem rund 15 Hektar großen Gelände des Haustierrasseparks wurde 1992 in der Gemeinde Lelkendorf der Haustierrassepark auf dem Gelände einer ehemaligen LPG gegründet. Peter Loebnitz, amtlicher Tierarzt, hat sich bewusst für die Haltung alter
Vadder köp nen Bullen, den brukt wi nich tau melken. Bauernweisheit |
Haustierrassen entschieden. Damit werden diese nicht nur erhalten, sondern können die Besucher auch sehen, wie groß die biologische Vielfalt auf dem Lande sein kann – hautnah; denn nicht nur Schafe und Ziegen begleiten an den robusten Holzzäunen die Besucher des Weges, sondern, wenn man den Lockruf kennt, kommen auch die Zwerg-Zebus herbei, die Loebnitz aus vernachlässigter Haltung aufgenommen hat.
Die stolzen Vorwerkhühner wurden 1900 aus Lakenfeldern, gelben Orpington, gelben Ramelslohern, Andalusiern und Sotteghams gezüchtet und 12 Jahre später erstmals in Hannover und Berlin präsentiert. Es ist nicht nur wegen seiner satten gelben Farbe mit den schwarzen Behängen ein ausgesprochen ästhetisches Huhn, sondern auch noch ein sehr gutes Zweinutzungstier. Es ist wetterhart, ein guter Futtersucher und der Hahn bringt bis zu drei kg auf die Waage. Die nur etwa 500 Gramm leichtere Henne legt bis zu 150 gelbliche Eier im Jahr. |
Mit dem Vorwerkhuhn oder dem Turopolje-Schwein kann der Haustierrassepark manchem Zoo Paroli bieten. So hat Mecklenburg-Vorpommern mit der Ostseeküste und der Mecklenburgischen Seenplatte natürliche Reichtümer, die Urlaubern ihr Lieblingselement Wasser im Überfluss anbieten. Aber, so Lilly Kühnel, neu gewählte Vorstandsvorsitzende des Vereins „Landurlaub M-V“, zu Herd-und-Hof.de, es gibt auch dazwischen viel zu entdecken.
Der Geist von Schnurstein
So liegt Lelkendorf am Rand des Naturschutzgebietes „Mecklenburgische Schweiz – Kumerower See“ und bietet Höhenunterschiede bis zu 100 Meter, so dass die Landschaft sehr bewegt erscheint. Die Seen hingegen liegen lediglich knapp über dem Wasserspiegel der Ostsee.
Vor Beginn des Rundgangs offerierte Peter Loebnitz den „Schnursteiner Geist“. Ein geistiger Muntermacher, der den Namen der Wiesenquelle trägt, die auf den Ökobauern Schnurstein zurückgeht. Bauer Schnurstein verstarb 1973 kurz vor seinem 104. Geburtstag. Der Förderverein „Schnursteinquelle“ baute 1996 ein Mehrzweckgebäude. Da ist eine Gastronomie mit dem Hofladen eingerichtet, der Wurst und Fleisch aus dem Tierpark anbietet: Nutztiere eben, worauf Tierarzt Loebnitz sehr stolz ist. Der lange Atem, das Durchhaltevermögen haben den Haustierpark erhalten, auch wenn er keinen Gewinn abwirft und viel Arbeit kostet. Die Holzzäune, die Futtergewinnung und die Pflege wird mit ABM-Kräften und Teilnehmer des Freiwilligen ökologischen Jahres bewältigt, sagt er zu Herd-und-Hof.de. Aber manchem Besucher wird auf diese Weise nahe gebracht, dass die Schönheit landwirtschaftlicher Nutztiere auch dem Zweck der eigenen Ernährung dient.
Das Turopolje-Schwein trägt seinen Ursprungsort im Namen, den heute in Kroatien gelegenen Save-Auen. Deshalb sollen sie auch gute Schwimmer sein. Das sehr interessant pigmentierte Tier ist ein ausgesprochenes Weideschwein und liefert sehr guten Speck. Durch den Lebensraum in den Auen hat das Tier sehr harte Klauen und fühlt sich beim wühlen im Schlamm „sauwohl“. |
Das die Tiere überhaupt gehalten werden können, ist neben dem persönlichen Engagement Loebnitz´ einem bundesweiten Netzwerk zu verdanken. Damit es in den kleinen Herden nicht zur Inzucht kommt, tauschen die Halter anderer Haustierrasseparks ihre Tiere aus. Eine wichtige Rolle übernimmt dabei auch die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH), die alljährlich auf der Grünen Woche gefährdetes Nutztier besonders herausstellt.
Lehm-Backofen im Thing
Mit Unterstützung des Leader- II Programms wurde Ende 1997 die Thinghalle zwischen Gastronomie und Tierpark eingerichtet. Ein zwölfeckiger Holzbau mit einem Durchmesser von 20 Meter und einer Dachöffnung von sieben Meter. Wohnzimmeratmosphäre unter freiem Himmel und Lagerfeuerromantik. So kann auch die Übergangszeit im Freien verbracht werden. In dem großen Backofen wird nicht nur Brot gebacken, er bereitet in weniger als drei Stunden auch ein ganzes Schwein zu. An jedem letzten Samstag im Monat gibt es den Familientag mit frischem Brot und Gulasch. Dazu braucht man sich noch nicht einmal anzumelden, versichert Peter Loebnitz – einfach mal vorbeischauen. Töpfern und Filzen gehören können als traditionellen Handwerks genauso ausprobiert werden, wie der Kinderspaß des Stockkuchens: Teig aus Mehl und Wasser wird um einen spitzen Stock geflochten und im Feuer knusprig gebacken.
Landurlaub Mecklenburg-Vorpommern feierte im letzten Jahr den 15. Geburtstag und konnte die Zahl der Mitglieder zwischen 1996 und 2006 von 75 auf 336 erhöhen. Rund 100 Mitglieder präsentieren ihr Angebot mit 3 bis 5 Sternen, aber Lilly Kühnel ist es wichtig, dass für jeden etwas dabei ist. Zu Herd-und-Hof.de sagte sie, dass die Gesundheits- und Wellnesswelle in Mecklenburg genauso dazu gehört wie für Familien gerade auch die einfachen Urlaubsangebote. Wie wichtig Landurlaub in der Wirtschaft ist wurde auf der Mitgliederversammlung des letzten Wochenendes deutlich. Der Geschäftsführer des österreichischen Bundesverbandes, Hans Embacher, erläuterte, dass beim Urlaub am Bauernhof 170.000 Gästebetten 20.000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum sichern. Auf MV übertragen sind es 16.000 Gästebetten, die 1.600 Menschen Arbeit geben. Der Verein will die Menschen mit ihren Ideen zusammen bringen. |
Allerdings sind die Zeiten des Heuhotels in Lelkendorf vorbei. Nicht wegen der Familie Loebnitz. Ihnen hat es genauso wie den Gästen gefallen, die sich abends bei Gitarrenmusik im Heu der Thinghalle kennen lernten und Geschichten austauschten. Auch Agrarminister Dr. Backhaus hat es gefallen, der das Heuhotel propagierte. Nur nicht der regionalen Verwaltung: Weil der Thing als Begegnungsstätte konzipiert wurde und es keine Brandschutzwände gibt, hat die Bauverordnung das Heuhotel wieder geschlossen. Allerdings können Besucher immer noch im Nachbardorf bei der Familie Loebnitz im Gästehaus unterkommen.
Auf Wunsch bietet Peter Loebnitz auch Führungen durch den Haustierpark an – und vor allem für Kinder einen Kindergeburtstag zwischen Vorwerkhuhn und Turopolje-Schwein mit Ponyreiten. Der Hof liegt zwischen Teterow und Neukalen.
Roland Krieg; Fotos: roRo